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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Kurt Bayertz, Warum überhaupt moralisch sein?, München 2006

Wir Menschen sind in ein moralisches Umfeld eingebunden, kennen, bzw. folgen moralischen Regeln. Aber welche rationalen Vernunftsgründe gibt es eigentlich dafür, dass man moralisch handeln soll, oder fährt man nicht etwa doch besser, wenn man es mit der Moral nicht so genau nimmt? Kurt Bayertz geht den harmlosen Kinderfragen nach dem Warum der Moral nach genauso wie den schon weit weniger harmlosen Fragen nach dem Sinn der Moral des ambitionierten Amoralisten. Und ja, Kurt Bayertz gelingt es philosophisch sehr fundierte, anspruchsvolle und verständliche Gründe dafür zu nennen, warum wir moralisch handeln sollten: Es soll ja allen gut gehen, wir möchten ja ein glückliches Leben führen, gläubige Menschen möchten ja ihrem guten Gott gehorchen, wir möchten ja im Grunde alle in einer moralischen Gesellschaft leben und wir selbst fahren in der Regel ja auch sehr gut damit, wenn wir moralisch handeln. Der Autor hält aber keine Moralpredigten, sondern nimmt gezielt insbesondere die Argumentationen eines Amoralisten glaubwürdig auf und verweist so immer auch auf Schwachpunkte in der Moralbegründung. Deutlich wird, was der Autor selbst ja auch konstatiert: Die Begründungen können nicht alles abdecken, es bleiben immer sozusagen dunkle Flecken – Interessen und Bedürfnisse anderer müssen für den Gesprächspartner immer schon ein möglicher Handlungsgrund sein, damit ihn moralische Argumente überhaupt erreichen können -, die sich aber ähnlich auch in allen anderen deskriptiven Wissenschaftsbereichen finden würden. Allerdings zeigt ein Perspektivenwechsel von der Sicht des egoistischen Amoralisten hin zum Gegenüber: Wir haben das Recht, ja die Verpflichtung Schaden von Uns und Anderen abzuwenden, indem wir amoralisches Handeln und Trittbrettfahrertum (das moralische System benutzen und gleichzeitig Gewinne für sich durch Bruch moralischer Regeln einfahren), das sich aller moralischer Begründung stetig entzieht, abzustrafen.

Kurt Bayertz ist meiner Meinung nach eine ausgezeichnete, spannende und vor allem aber auch ehrliche (in Bezug auf ihre Grenzen) Fundierung moralischen Handelns gelungen, weit entfernt von aller Moralapostelei. Für mich ein Volltreffer.

Jürgen Czogalla, 11.02.2012

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