philosophisch-ethische-rezensionen auf Facebook

Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Eilenbergers Darstellung der Davoser Disputation zwischen Cassirer und Heidegger 1929

Heidegger attackiert den Neukantianismus als eine Art reiner Magd der Wissenschaften, der es nur um Erkenntnistheorie statt Ontologie geht. Dagegen ginge es Kant um Fundamentalontologie (!), genau das, um was es auch Heidegger selbst geht. Dagegen stellt Cassirer heraus, dass Kant kein Fundamentalontologe, sondern Metaphysiker im Dienste der Ethik gewesen ist. Ihm wäre es nicht um das Sein, sondern um den handelnden Menschen gegangen. In der Ethik wäre ihm der Durchbruch vom Endlichen ins Unendliche, von der Immanenz in die Transzendenz gelungen. Dazu hat Heidegger aber gar nicht zu sagen, er stellt in „Sein und Zeit“ nur dar, dass die menschliche Erkenntniskraft eine endliche ist ohne zu erklären, wie der Mensch überhaupt zur Erkenntnis, Vernunft und Wahrheit kommt. Und gerade das ist das eigentliche Problem der Metaphysik und die Frage die Cassirer umtreibt. Dagegen stellt Heidegger dar, dass Kants Transzendenz nur eine immanente ist, die von der Endlichkeit begrenzt bleibt, ja die von dieser erst ermöglicht wird. Die richtige Frage ist nicht die, wie man von der Endlichkeit zur Unendlichkeit kommt, sondern wie man von der Transzendenz des Seienden auf die Endlichkeit des Daseins als Ursprünglichkeit des Ganzen stoßen kann. Die Struktur des Daseins ist aber für Heidegger radikal endlich und durch Zeitlichkeit bestimmt. Die Idee der Wahrheit ist wesensgemäß bezogen auf die Endlichkeit des Daseins. Also wird sozusagen Metaphysik vom Dasein her entwickelt. Die Erfahrung des Seins ist für ihn an die Erfahrung des Nichts gebunden als der grundlose Grund allen Fragens. Freiheit ist eine Tatwahrheit und nicht an ein zeitloses Gesetz gebunden, sondern an eine letztlich grundlose Entscheidung. Cassirer dagegen meint, dass die Verkörperung eigener Erlebnisse in symbolischen Formen ein Reich schafft in dem die Endlichkeit transzendiert wird. Er tritt für eine Philosophie ein, die den Menschen befreit und also auch von der Angst als bloßer Befindlichkeit. Das Ziel für ihn ist die Angst des Irdischen loszuwerden. Dagegen empfiehlt Heidegger konträr das Eintauchen in den wahrhaft befreienden Ursprung der Existenz, dem Nichts und der Angst als erstem Schritt auf dem Weg in die totale Eigentlichkeit.

Jürgen Czogalla, 01.05.2018