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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Susan Neiman referiert Kant's Stufenmodell der Vernunftsentwicklung

Kant, so referiert Susan Neiman, kennt 3 Stufen:

1. Die Kindheit der Vernunft ist dogmatisch. Kleine Kinder etwa neigen dazu, alles was man ihnen erzählt für eine absolute Wahrheit zu nehmen. Sie lernen, dass die eigenen, wachsenden Fähigkeiten irgendwie zu der sie umgebenden Welt passen, die ihnen im Laufe ihrer Entwicklung immer verständlicher wird. Metaphysisch gefasst leben sie in einer Welt, von der sie annehmen, das man mit etwas Zeit und Geduld alles verstehen kann und diese Welt die beste aller möglichen Welten ist.

2. Die nächste Stufe der Vernunft ist der Skeptizismus. Der Teenager etwa erkennt, dass die Welt nicht so ist, wie sie sein sollte. Die Regeln, die sie lernen, werden fragwürdig und es kann sich sogar die Frage ergeben, ob es so etwas wie Wahrheit oder allgemein gültige Regeln überhaupt existiert. Grenzenloses Vertrauen in die Welt droht in grenzenloses, desillusionertes Misstrauen umzuschlagen. Diese Stufe ist für Kant eine schon reifere Stufe als die, nur immer alles gleich für bare Münze zu nehmen. Sie ist notwendig und wertvoll. Aber sie bedeutet noch keine

3. Mündigkeit. Die erwirbt man durch eine Art Mittelweg: Ungewissheiten müssen anerkannt werden, aber gleichzeitig ist es auch wichtig, sich um Gewissheiten zu bemühen, auch wenn sie vielleicht nie so recht erreicht werden können. Zum Erwachsensein gehört es, Idealen näherzukommen, ohne die Welt wie sie wirklich ist, dabei aus dem Blick zu verlieren.

Jürgen Czogalla

07.03.2015