Philosophisch-ethische Rezensionen
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Svend Andersen, Einführung in die Ethik, Berlin - New York 2005, 2. AuflageDer Titel des Buches erweckte bei mir Erwartungen, die sich nicht ganz erfüllten und zwar 1. weil ich eigentlich ein Buch über philosophische Ethik lesen wollte und nicht einen geschichtlichen Überblick über philosophische Ethik und Moralphilosophie (damit meine ich jetzt protestantische und katholische "Ethik") und 2. weil das Buch sich inhaltlich gerade mal auf weniger als 40 Seiten mit den Grundlagen der Ethik selbst beschäftigt. Im Grunde handelt es sich meiner Meinung nach viel eher um eine kurze Geschichte der philosophischen Ethik und Moraltheologie, zeitlich geordnet im Durchgang durch die ethischen Werke bedeutender Vertreter der jeweiligen Zunft. So wird z.B. auch die biblische "Ethik" dargestellt, etwa auch die Ethik eines Paulus, die Erkenntnisse Augustins, Thomas v. Aquins, Luthers, von christlichen Autoren bis hinein ins 20. Jahrhundert, aber nicht als gesonderter Block christlicher Ethik, sondern immer wieder unterbrochen von der Darstellung philosophischer Ethik mit deren herausragenden Vertretern, eben zeitlich chronologisch. Das Schöne an dem Buch ist, dass ich auf ein paar Vertreter der philosophischen Ethik gestoßen bin, mit denen ich mich noch überhaupt nicht befasst habe, wie etwa Machiavelli und Pico, andererseits ärgere ich mich natürlich darüber, dass durch die Darstellung der christlichen Ethik der philosophischen Ethik soviel Platz weggenommen wurde, denn ihr galt ja mein eigentliches Interesse. Ich habe mich aber trotzdem durch das ganze Buch durchgelesen. Es werden meiner Meinung nach zwar die Bezüge zu beiden Richtungen zum Teil deutlich, auch die historischen Verwiesenheiten, aber zugleich erweist es sich dabei auch fast ausschließlich, soweit ich das sehe, dass die Moraltheologie mit ihrer Rede vom Bezug des Menschen zu Gott eben nur die Christen erreicht, sehe ich mal von dem Entwurf des dänischen Theologen und Philosophen Løgstrup ab. Daher auch mein Unbehagen beide Richtungen in einer Einleitung der Ethik vertreten zu sehen, denn Ethik wie ich sie verstehen, sollte alle erreichen, auch die dezidierten Nicht-Christen. Die Darstellung der einzelnen Ethiken ist kurz, durchaus sehr fachkundig, prägnant und neutral. Wertungen zu den Ethiken werden fast gar nicht abgegeben, also auch keine großen Hinweise auf Probleme einer ethischen Theorie, oder einmal ein klares Statement vom Autor, wo denn seiner Meinung nach die "ethische Reise" hingehen sollte. Für die Darstellung übergreifender Themen nimmt er sich jedenfalls meiner Meinung nach viel zu wenig Zeit. Auch Theologen finden ausführlichere und bessere Einleitungen in christliche Ethik in reinen
moraltheologischen Werken. Das Buch lässt mich unbefriedigt zurück.
Jürgen Czogalla, 30.08.2009 |