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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Valentin Beck, Eine Theorie der globalen Verantwortung. Was wir Menschen in extremer Armut schulden, Berlin 2016

Beck möchte mit seinem Buch einen Konsens darüber erreichen, was bessergestellte Menschen denen in extremer Armut lebenden mindestens schulden. Diesem Konsens im Weg stehen unüberbrückbare Differenzen verschiedener grundsätzlicher Begründungen von Gerechtigkeitsfragen. Der Autor will diese Differenzen auflösen, indem er nicht erkenntnistheoretisch vorgeht, sondern in einem Diskurs nach einer pluralistischen Begründung sucht, in der sich auch unterschiedliche Begründungsansätze sozusagen in der Zielrichtung treffen können. Bei seiner normativen Konzeption betont er den überragenden Stellenwert von sozialen Institutionen und Strukturen und votiert für einen holistischen Ansatz. Maßgeblich für die Zuweisung von Verantwortung sind für ihn als Grundlage ein Set von basalen Menschenrechten, die im Stande seien eine Einstimmigkeit in der Bewertung auch bei im Grundsatz divergierender Positionen zu erreichen. Weltarmutsverantwortung muss nach Meinung des Autors auch auf die Gestaltung der inneren Angelegenheiten von wohlhabenden Staaten ausgerichtet sein. Dazu treten Maßnahmen nationalstaatlicher Institutionen in den Staaten, in denen die Armut vorherrscht, und die rechte Gestaltung von internationalen Abkommen und Institutionen auf überstaatlicher Ebene. Verantwortungssubjekte sind für ihn sowohl verschieden Kollektivsubjekte als auch Individuen. Alltagsmoralische Einschätzungen für unsere Verantwortung für Menschen in extremer Armut ignorieren laut dem Autor leider die Bedeutung von sozialen Strukturen und müssen daher korrigiert werden. Ein wichtiges Ziel des Autors ist es ein Nachdenken über die Ursachen von Weltarmut im Mainstream des öffentlichen Diskurses zu etablieren. Dabei erkennt er die Perspektive auch eines wohlverstandenen Eigeninteresses durchaus an, vertritt aber selbst im Buch eine davon zu unterscheidende, wie er es nennt, moralische Perspektive, die nicht im zweckrationalen, sondern einem moralischen Sollen fußt.

Das Buch wendet sich mit entsprechendem Diktum und Stil an ein versiertes Fachpublikum. Besonders die ersten beiden Kapitel sind durchaus geeignet den geneigten Leser zur vorzeitigen Beendigung der Lektüre zu bewegen. Zum einen meint der Autor umständlich und langwierig in seiner Einleitung bereits eine komplette Kurzwiedergabe des ganzen folgenden Buches geben zu müssen, zum anderen ist die Darstellung insbesondere der Dimensionen der Verantwortung für mich schon etwas übertrieben scholastisch. Hat man sich aber durch diese ersten Kapitel erst einmal hindurch gekämpft, wird das Buch schon bald deutlich interessanter und der grundsätzliche Ansatz des Autors gefällt mir auch. Interessant ist auch ein größerer Exkurs, indem er den Standpunkt von Peter Singer analysiert und darstellt, der sich von seiner eigenen Position grundsätzlich unterscheidet. Allerdings besticht sein Buch auch durch häufige Redundanzen. Als Fazit habe ich es denn doch nicht bereut es gelesen zu haben, aber angenehm ist die Lektüre auch nicht gerade gewesen.

Jürgen Czogalla, 28.08.2016

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