Philosophisch-ethische Rezensionen
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Hrsg.: Monika Betzler, Barbara Bleisch, Familiäre Pflichten, Berlin 2015Die Frage, welche Pflichten familiäre Verbindungen nach sich ziehen sollten ist heute in modernen Gesellschaften womöglich dringender als in
vergangenen Generationen. Das liegt meiner Meinung nach daran, dass es zum einen die dominierende Familienform lediglich als Kernfamilie gibt und zum anderen die Familienmitglieder späterhin oft
von ihren jeweiligen Lebensmittelpunkten her rein von der Entfernung weit auseinandergerissen werden, was tiefer gehende persönliche Kontakte doch schon um einiges erschweren kann. Das Buch geht
in jeweils dreizehn nicht zu langen und gut verständlichen Beiträgen von verschiedenen zeitgenössischen und renommierten Autoren den Fragen nach, zu was Eltern gegenüber ihren Kindern
verpflichtet sind, unmündige und erwachsene Kinder gegenüber ihren Eltern und Geschwister untereinander. Mehrere Autoren gehen auch der allgemeineren Frage nach, was denn das überhaupt sei,
eine Familie. In einem Vorwort fassen die Herausgeber kurz die Ergebnisse der darauf folgenden Beiträge zusammen und geben so einen gewissen, auch nicht unkritischen Vor- und Überblick auf das
Kommende.
Das Buch beschäftigt sich mit einem eher vernachlässigten Thema der Ethik, dass aber im Grunde wirklich jeden angeht, ist doch jeder irgendwie Teil einer Familie. Dabei wissen natürlich die Autoren auch, dass man um einer Familie anzugehören nicht unbedingt von den Eltern biologisch abstammen muss, sondern eigentlich das entscheidende die fürsorgende Beziehung der Eltern zu ihrem Kind ist. Um familiäre Pflichten zu begründen, gibt es für die Autoren im Grunde die Möglichkeiten deskriptiv von bestehenden Relationen, von zu verwirklichenden und bestehenden Gütern, von dem Grad der Intimität der Beziehung oder ausgehend von bestehenden und erwarteten sozialen Rolle zu argumentieren. Dabei werden durchaus auch ziemlich, wie ich finde, radikale Thesen vertreten, wie etwa auch der, dass erwachsene Kinder gar keine Pflichten gegenüber ihren Eltern hätten (die entgegengesetzten Ansichten überwiegen aber). Die Autoren suchen durchaus intellektuell ansprechend ihre jeweiligen Standpunkte zu begründen und gaben mir so Anregungen zuhauf für eigene Gedanken. Besonders für mich interessant waren die Beiträge, die sich mit Pflichten gegenüber Geschwistern befasst haben, weil ich darüber eigentlich noch gar nicht bewusst rational groß nachgedacht habe. Fazit: Das Buch hat mich überzeugt, das Thema wird nicht zu schwierig dargelegt, bleibt immer verständlich, geht dabei aber doch in die Tiefe und bleibt durchaus anspruchsvoll. Für mich war die Lektüre sogar ziemlich aufregend. Klare Leseempfehlung!
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