Philosophisch-ethische Rezensionen
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John-Stewart Gordon, Moralische Orientierung. Ein kurze Philosophie des guten Lebens, Freiburg/München 2021Für Gordon leben wir in einem Zeitalter der Orientierungslosigkeit und
er möchte hier ein bisschen Orientierung abliefern und Tipps für ein gutes Leben geben. Zunächst spricht er von den
seiner meiner nach großen Problemen und Gefahren unserer Zeit: Globalisierung, Migration, organisiertes Verbrechen,
Radikalisierung der Massen, Fanatismus, Extremismus und Terrorismus und überhaupt das moralische Böse. Danach stellt
er Grundformen und Grundfragen der Ethik vor, bevor er einen kurzen Ausflug in die Philosophiegeschichte nimmt, und
schaut was für Gedanken zum guten Leben sich antike Philosophen, Philosophen des Mittelalters und der Moderne gemacht
haben. Dann nennt er selber sechs Kriterien für ein gutes Leben: 1. Viele Wege führen nach Rom, 2. Es gibt bestimmte
Güter die ein gutes Leben auszeichnen (vor allem Gesundheit, Freundschaft), 3. Notwendigkeit einer metaphysischen
Rückgebundenheit (entweder im Glauben an z.B. Gott oder die Natur, die Antwort geben kann, warum wir eigentlich auf
dieser Welt sind), 4. Die Lehre des Mittleren. Extreme sollen vermieden werden, was er aber nicht als mittelmäßiges
Leben beschreibt, sondern ein Leben, das auf das Beste im Kontext der Tugendethik ausgerichtet ist, 5. Man soll sein Leben
und die Freuden des Lebens genießen, ohne jedoch ein Getriebener zu sein. Man soll sich nicht von seinen Gelüsten beherrschen
lassen, wozu dann auch ein kluges Maßhalten gehört, und 6.
Menschen sollen in Harmonie mit ihrem sozialem Umfeld und der
Natur leben. Außerdem ist er aber noch der Meinung, dass ein gutes Leben notwendigerweise gewissen Anforderungen der
Moral entsprechen muss. Hier nennt er: Orientierung an der goldenen Regel (Behandle andere, wie du selbst behandelt werden
willst), einfühlsames verwenden eines Perspektivenwechsels (Einfühlen in die Situation anderer Personen, was unsere
Soziabilität stärkt und uns befähigt, bessere moralische Urteile zu fällen, Vorurteile zu entkräften), Mitleid empfinden
können (was sich z.B. auch auf Tiere erstrecken sollte), Eintracht (eine Gesellschaft, deren Mitglieder einander fremd werden,
ist zum scheitern verurteilt) und Interessenkonflikte mit geregelten Abläufen lösen (Diskursteilnehmer sind gleichberechtigt,
kein äußerer oder innerer Zwang wird ausgeübt, die Diskursteilnehmer werden vom Motiv der kooperativen und argumentativen
Konsensfindung geleitet und die Diskursteilnehmer drücken sich verständlich, logisch richtig und widerspruchsfrei aus).
In einem abschließendem Kapitel eruiert der Autor, welche Staatsform uns die besten Möglichkeiten bietet, ein gutes Leben
zu führen. Für ihn ist das unsere liberale Demokratie.
Das Buch besticht durch einen klaren Aufbau ohne große Abschweifungen, was es nicht nur dem Leser leicht macht zu folgen, sondern es mir auch leicht macht, den Inhalt des Buches kurz zusammenzufassen. Das Buch ist sehr einsteigerfreundlich und liest sich flüssig. Schön ist auch, dass der Autor hin und wieder das Ausgeführte mit Beispielen aus seinem eigenen Leben garniert. Es kann darum meiner Meinung nach auch als eine ganz einfache Einführung in die Ethik überhaupt gelesen werden, ist aber für den universitären Bereich nicht dicht genug. Als Ausgangspunkt für weitere Überlegungen ist es aber ein guter Start. Der Autor hat auch ein ziemlich klares Profil, das einigen Lesern womöglich in einigen Punkten nicht zusagen wird. Dafür zeigt er aber immer wieder klare Kante, was erfrischend ist, auch wenn man ihm vielleicht nicht immer zustimmt. Die Tipps für ein gutes Leben sind brauchbar, sind aber zumeist allerhöchstens dürftig mit empirischen Daten unterfüttert. Das Buch war für mich eine Bereicherung, auch wenn ich vieles schon einmal gehört habe. Supi für Einsteiger! |