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Philosophisch-ethische Rezensionen
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Michael Hampe, Krise der Aufklärung. Über die Fortsetzbarkeit einer Lebensform, Berlin 2025Wie einige andere Denker der Gegenwart macht sich auch Hampe Gedanken über
die Fehler der Aufklärung und möchte sie beheben. Die Aufklärung hat sich für ihn also alles andere als erledigt, muss
sich aber auch von einigen Irrwegen verabschieden. Auf die Kritik radikaler Totengräber der Aufklärung geht er ein und
weist sie zurück. Er tut dies in 3 Essays, die in diesem Buch vereinigt sind: Abschied von den großen Worten, Die dritte
Aufklärung und Selektionieren oder Erzählen: Über die Zukunft der Bildung. Die Aufklärung ist für Hampe weiter zu verfolgen, denn für ihn scheint der Wunsch nach einem Leben ohne Grausamkeit und Illusionen, der mit ihr verbunden ist, unausrottbar zu sein, sowie auch die Kooperation um der Wahrheit und des Friedens willen. Dabei unterscheidet er zwischen einer positiven und negativen Aufklärung. Die positive Aufklärung hat versucht, Autonomie und Mündigkeit zu befördern, die Fähigkeit selbst zu denken und daraus dann auch ein eigenes Handeln zu wagen. Als politische Bewegung zeigt sich dies im Einsatz für marginalisierte Menschen, für Frauen und die Ausgebeuteten. Dabei wurde versucht, allgemeine Kriterien der Vernünftigkeit und eine rationale Sprache zu entwickeln. Die negative Aufklärung hat nach Hampe versucht Grausamkeiten und Illusionen zu vermeiden, Autoritäten zurückzudrängen und religiöse Angstmacherei zu beenden. Hampe schwebt nun eine 3. Aufklärung vor, die ebenfalls eine negative sein müsste und es unternehmen müsste, Grausamkeiten und Ungerechtigkeiten, die durch die Universalisierung des Marktes entstehen – für Mensch, Tier und Natur – zu beenden. Sie müsste zeigen, dass es keiner allgemeiner Kriterien der Vernunft mehr bedarf, um einen Wandel in Praktiken des Erkennens und politischen Handelns, so Hampe, dennoch als vernünftig zu charakterisieren. Dabei sind für ihn Aufforderungen für eine neue Aufklärung auch immer zwingend damit verbunden, sich zu erinnern. Selbstbewusste, einander demokratisch und kooperative begegnende und gebildete, einfallsreiche Menschen, die sich um sozialen Zusammenhalt bemühen, können gemeinsame Wege, so Hampe, entwickeln, um neue Problemlösungen und Zielvorstellung für das Zusammenleben auszuhandeln und auch umzusetzen. Dabei kann für ihn die Philosophie mit erinnernder Geste auf alte Ziel zeigen, sollte aber keiner Gemeinschaft Ziele vorschreiben. Denn emanzipatorische Bewegungen wurden seiner Meinung nach immer von politischen Akteuren und Machtkämpfen vorangetrieben. Er verbindet also mit der 3. Aufklärung kein politisches Programm, sondern kritische Gesten, die für ihn alles andere als sinnlos sind. Interessante Essays mit anregenden Gedanken, wie es mit der Aufklärung in einer veränderten Zeit weitergehen kann. Dabei steht Hampe für eine nüchterne, aufgeklärte Philosophie, die nicht an eine visionäre Kraft der Philosophie glaubt oder sie für angebracht hält. Jürgen Czogalla, 14.12.2025 ![]()
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