Philosophisch-ethische Rezensionen
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Lisz Hirn, Wer braucht Superhelden. Was wirklich nötig ist, um unsere Welt zu retten, Wien/Graz 2020Die Autorin wendet sich gegen ein konservatives Idealbild des Mannes,
das sich für sie insbesonders zugespitzt bei den populären Superhelden in Film und Literatur wiederfindet. Als Ideal
gilt hier Härte, Mut, eiserner Wille, emotionale Verschlossenheit und erhöhte Gewaltbereitschaft. Für
Verletzlichkeit und Schwäche ist hier kein Platz. Stärke als Maß aller Dinge, die sich, wenn nötig, jedes Recht mit
Gewalt nimmt und die privilegierte Rolle als Mann zementiert. Als typische politische Vertreter dieses Ideals nennt
die Autorin wiederholt Putin, Erdogan und natürlich Trump. Die Mission des Superhelden ist prosozial, selbstlos,
moralisch integer und universell. Sein Kampf gegen das Böse passt sich den vorherrschenden Sitten der Gesellschaft
an. Während nach Hirn der klassische Held noch eine Gefahr für die bestehende Ordnung darstellt, ist der Superheld
für sie der perfekte Untertan. Auf dem (Film-)Markt der Superhelden geht es laut Autorin nicht um so schöne Konzepte
wie Fürsorglichkeit, Kooperation oder Emanzipation, sondern hier herrschen Gewalt-, Action-, Retter-, Rache- und
Pornofantasien in einer Monokultur der männlich dominierten Filmindustrie. Superheldenfantasien, so stellt sie fest,
gehören (leider) zu den wirkmächtigsten Fantasien unserer Gesellschaft. Hirn ist davon überzeugt, dass wir alle ein
Problem bekommen, wenn sich eine toxische Männlichkeit ausbreitet, in der Männer glauben, dass Männlichkeit
ausschließlich auf Macht, Gewalt, sexueller Potenz und Stärke basiert. Um dieses toxische Männerbild durch ein neues
Männerbild zu ersetzen nimmt Hirn auch die Frauen in die Verantwortung,
auch sie können durch ihre Wertungen daran
arbeiten, dass sich solche altertümlichen, archaischen und toxischen Männerbilder nicht weiter ausbreiten, sondern
durch ein besseres ersetzt werden.
Das Buch ist eine leichte, eingängliche, erfreulich engagierte und unterhaltsame Lektüre, aber kein Buch, das auf Dauer seinen Platz in meinem Bücherschrank findet. Auch wenn die Autorin viel mit Zahlen und Aktualität aufwartet, fehlt es mir doch etwas an Tiefgang. Dass sie den Superheldenhype kritisiert, finde ich gut. Und auch ich möchte nicht zurück zu archaischen, toxischen Männlichkeitsidealen. Was die Autorin versäumt, ist ein genaueres Bild von ihrem eigenen Mann-Ideal und einer Mann-Frau Beziehung zu zeichnen, als sich zumeist an negativer Kritik abzuarbeiten. Der Untertitel des Buches verspricht daher etwas zu viel, denn was wirklich nötig ist, um unsere Welt zu retten, findet sich hier tatsächlich nur in Ansätzen. |