![]()  | 
                Philosophisch-ethische Rezensionen
             | 
  | 
Herbert Schnädelbach, Was Philosophen wissen und was man von ihnen lernen kann, München 2012Herbert Schnädelbach konstatiert in der Einleitung seines  Buches eine Skepsis gegenüber der Philosophie als Wissenschaft, die er unter  anderem auf ein gravierendes Vorurteil zurückführt, dass zurückgeht auf den  Anspruch den erstmals René Descartes an die Philosophie stellte und der bis  weit ins 20. Jahrhundert große Verbreitung fand: Die Meinung nämlich, nur was  man zweifelsfrei und vollständig begründen könnte, dürfe man auch als wirkliches  philosophisches Wissen bezeichnen. Schnädelbach findet, dass dieser  Wissensanspruch völlig überzogen ist und leicht dazu führen kann die  Philosophen in die Resignation zu treiben. Denn Wissen sei nun einmal fehlbar –  und das werde ja auch in anderen Einzelwissenschaften so akzeptiert. Fehler  können wir, darauf weist der Autor hin, auch in der Philosophie immer wieder  nachweisen und aus ihnen lernen. Auch hier gibt es einen Wissensfortschritt.  Der Autor unternimmt es nun den Wissensbestand der heutigen Philosophie in 14  Kapiteln kurz umreißend darzustellen, in denen er sich mit jeweils einem  zentralen philosophischen Thema näher beschäftigt (Philosophie und Wissenschaft,  Wissen, Sinn und Bedeutung, Das Urteil, Denken und Sprechen, Das Ich und ich,  Subjekt-Objekt, Selbstbewusstsein, Gesetze, Naturalistischer Fehlschluss, Werte  und Normen, Handlung, Vernunft, Analytisch–synthethisch). Das führt der Autor  dann in der Regel so durch, dass er kurz den philosophiegeschichtlichen  Entwicklungsgang des Themas darstellt und bei dem heutigen Wissenstand zuletzt  anlangt, wobei dieser nicht unbedingt einhellig zu sein braucht, wie sich  erweist, aber doch ein Erkenntnisfortschritt deutlich wird. (Als besonders  bedeutend würdigt er immer wieder die Beiträge der analytischen Sprachphilosophie  seit dem 20. Jahrhundert). Damit versucht der Autor sein Fach auch ein bisschen  aus dem für die Öffentlichkeit kaum mehr zu verstehenden verwissenschaftlichten  Spezialistentum herauszuführen, wieder mehr in eine Rolle, die die Philosophie  einst in Europa hatte, nämlich als breitenkulturwirksame Tätigkeit. Das gelingt  dem Autor meiner Meinung nach nicht ganz: Denn tatsächlich nimmt er sich für  die Erörterung seiner zentralen philosophischen Themen jeweils nur ein paar  Seitchen Zeit; das macht es für den philosophischen Einsteiger schon etwas  schwierig, seinem gedrängten Gedankengang zu folgen. Wer sich dagegen schon  etwas mit Philosophie beschäftigt hat, wird aber merken und mit Gewinn für sich  mitnehmen, wie die Ausführungen des Autoren doch bei aller Kürze in die Tiefe  gehen – nur denke ich, wird auch dieser Leser sich bisweilen – wie auch ich -  etwas mehr Ausführlichkeit wünschen. Das Buch endet leider nach dem 14. Kapitel  abrupt, es wird nicht versucht, ein Fazit oder einer Zusammenschau der Kapitel  in einem Schlusskapitel zu ziehen und so wird das Buch für mich denn doch  wieder das Abbild der derzeitigen Fragmentierungen des Fachs der Philosophie im  Kleinen. Trotzdem ist das Buch natürlich immer noch gut.
       Schnädelbach gehört leider zu den philosophischen Autoren, die keinen Wert darauf legen alle ihre englischsprachigen Zitate auch ins Deutsche zu übersetzen. Jürgen Czogalla, 03.04.2012  
      
  |