Philosophisch-ethische Rezensionen
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Susanne Schröter, Der neue Kulturkampf. Wie eine woke Linke Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft bedroht, Freiburg im Breisgau 2024Die Autorin ist derzeit Professorin für "Ethnologie kolonialer und postkolonialer
Ordnungen" an der Goethe Universität in Frankfurt, wo sie seit 2014 auch das "Frankfurter Forschungszentrum Globaler Islam"
leitet.
Das Buch ist über weite Strecken ein Selbsterfahrungsbericht der Autorin, die in ihren Forschungsvorhaben und -veranstaltungen
immer wieder von woken Aktivisten angefeindet und auch persönlich verleumdet wird. Sie erklärt, dass "woke" eine Selbstbezeichnung
aus dem amerikanischen Bereich ist und so viel wie "wach" oder "erwacht" bedeutet. Die woken Linken bezeichnet sie als in Rhetorik
und Aktivitäten ähnlich wie Erweckungsprediger, die für sich die Mission sehen, eine vollkommene Umgestaltung der Gesellschaft
zu erreichen. Dabei, so Schröter, treten sie im öffentlichen Bereich als Kämpfer für hehre Ziele auf, nämlich Engagement gegen Rassismus
und Diskriminierung, für Demokratie und Zusammenhalt. Dabei zeigt sich aber, dass diese Begriffe oft nicht richtig verwendet oder
für eigene Zwecke missbraucht werden. Nach Schröter typisch für die woke Linke ist das pauschale Einteilen von Menschen in 2 Gruppen
aufgrund äußerer Merkmale, nämlich in eine Täter- und in eine Opfergruppe. Dabei werden die Täter vor allem durch ihre weiße Hautfarbe
definiert, denn weiß sein gilt in woken Kreisen als Makel. Man fordert den Weißen ihre angeblichen Privilegien zu entziehen und
diesen Vertretern der Opfergruppen zu geben. Das sind dann vor allem Muslime und Menschen dunkler Hautfarbe, die sozusagen die
Spitze der Opferpyramide bilden. Um ihre Ziele zu erreichen, so Schröter, arbeiten die woken Aktivisten mit neuen Sprachregelungen,
der Tabuisierung gesellschaftlicher Missstände (vor allem im Bereich Migration und Islamismus) und gehen daran die Wissenschaft
an den Universitäten als Erfüllungsgehilfen woker Politik umzugestalten mit maximaler Denunziation und Verleumdung der Gegner.
Diese werden gerne ohne Faktengrundlage als Rassisten, Sexisten, islamophob oder transphob abgekanzelt und als rechtsradikal tituliert.
Als Ziel dieser Strategie sieht Schröter eine Gleichschaltung der öffentlichen Debatte. Dabei sind die Ausgangsorte der woken
Ideologie die Universitäten, von wo dann langsam, aber sicher in alle gesellschaftlichen Bereiche ausgegriffen wird. Schröter
ruft insbesondere die liberal-konservative bürgerliche Mitte und die klassische Linke dazu auf, die Demokratie gegen systemischen
Gesinnungsterror und schleichenden Aufbau eines neuen Überwachungsstaates zu verteidigen. Dafür bietet sie in ihrem Buch Argumentationshilfen an.
Deutlich wird in dem Buch, dass die woke Bewegung sehr oft und zuweilen auch recht skrupellos über das Ziel hinausschießt. Ausgeteilt wird sehr oft unfair und mit wirklich harten Bandagen. Dazu gibt die Autorin zahlreiche anschauliche und offensichtliche Beispiele. Es ist natürlich schon haarsträubend, dass man zum Beispiel eine Konferenz zum Thema Kopftuch, die durchaus ausgewogen und fachkundig besetzt ist, nicht mehr abhalten kann, ohne bereits im Vorfeld massiv angegangen zu werden und des antimuslimischen Rassismus beschuldigt zu werden mit der Forderung verbunden, die Organisatorin, also Schröter, sofort aus dem Universitätsdienst zu entlassen. Eine typische Unterstellung ist es dann auch, dass solche Veranstaltungen, also in diesem Falle eine, die nicht nur in affirmativer Weise über das Kopftuch spricht, dem Rechtspopulismus Vorschub leisten würde. Ein anderes besonders krasses Beispiel ist natürlich die affirmative Beurteilung des Überfalles der Hamas, der armen Opfergruppe, auf Israel mit Gräueltaten und Geiselnahmen als lobenswerte Befreiungsaktion gegen die böse Täternation Israel. Also ausgewogen ist das Buch nicht, aber spannend zu lesen, es ist schon etwas reißerisch und verfolgt eine gegensätzliche Agenda wie die woke, die vor allem die Wissenschaftsfreiheit ins Spiel bringt. Dabei sollte aber klar sein, dass natürlich nicht alle Ansichten an den Universitäten ihren Platz haben, es gibt auch dort anerkannte Tabuthemen, nur dem woken Auswuchs sollte man sich nach Meinung der Autorin entgegenstellen. Eine anspruchsvolle Debatte, wo die Grenzen der Wissenschaftsfreiheit liegen, wird man in diesem Buch aber vergebens suchen. |