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                Philosophisch-ethische Rezensionen
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Peter Singer, Praktische Ethik, Stuttgart 1994, 2. AuflagePeter Singers Buch fußt auf utilitaristischen Grundsätzen.  Bekannt ist er in Deutschland vor allem durch die Proteste, die seine  Bestreitung von der Doktrin der Heiligkeit des menschlichen Lebens in  diesem Buch ausgelöst haben und auf die er in einem eigenen Kapitel  der 2. Auflage seines Buches auch eingeht. So führt ihn etwa seine  These zu der Ansicht, dass Euthanasie in bestimmten Fällen  gerechtfertigt ist. Und das geht so: 1. Schritt: Das Unrecht einem  Wesen Schmerz zuzufügen hängt nicht von seiner Gattung ab. Dem  Leben eines Lebewesens bloß deshalb den Vorzug zu geben, weil es  einer bestimmten Spezies angehört ist vergleichbar einem Rassisten,  der einer bestimmten Rasse den Vorzug gibt. 2. Schritt: Ein  selbstbewußtes Wesen hat eine Vorstellung seiner Vergangenheit und  Zukunft und ist fähig Wünsche bezüglich seiner Zukunft zu haben.  Die Tötung eines bewußten Lebewesens wiegt schwerer als die eines  unbewußten, weil durch deren Tötung bei anderen bewußten Lebewesen  Angst und also eine Verminderung der Lebenslust entstehen würde.  Außerdem ist eine Handlung, die den Interessen eines bewußten  Lebewesens entgegensteht ohne dass dies durch eine andere Präferenz  ausgeglichen wird Unrecht. Es ist also Unrecht eine Person zu töten,  die leben will. Wer solche Präferenzen aber gar nicht erst haben  kann, dessen Leben ist auch nicht geschützt, als Minimum muss man  einmal wenigstens eine Präferenz auf die Zukunft hin gehabt haben.  Das bietet für Singer dann die Grundlage sich für die Abtreibung  und in manchen Fällen auch für die Euthanasie auszusprechen,  nämlich dann, wenn das betreffende Leben nicht mehr als lebenswert  beurteilt wird, weil es mit zuviel Schmerz und Unlust verbunden wäre.  So kommt Singer auch zu einer anderen Wertigkeitsstufung des Lebens:  Da das menschliche Leben eben nicht mehr heilig ist, ist das Leben  eines kleinen, neugeborenen Babys unter Umständen weniger Wert als  das eines ausgewachsenen Gorillas. Das ist ziemlich bizarr und  erschreckend, geht aber konsequent aus Singers Utilitarismus hervor,  den er ebenso konsequent auf andere Bereiche der Ethik anwendet.  Weitere Themen des Buches, die weniger kontrovers sind: Arm und  Reich, die drinnen und die draußen (Asylantenproblematik), die  Umwelt, Zwecke und Mittel. Meiner Meinung nach liefert Singer einen  wichtigen Beitrag zur Ethik und hat auch den Mut seinen Ansatz auf  wirklich wichtige moralische Fragestellungen anzuwenden. Das heißt  aber nicht, dass ich seinen Ansatz teile, man sieht aber worauf reine  utilitaristische Ethik
      hinauslaufen kann.  Jürgen Czogalla, 05.09.2009 ![]()  |