Otfried Höffe's Analyse des Missbrauchs der Macht der Moral
Hier die Möglichkeiten eines Missbrauchs von Moral, die Höffe in seinem Beitrag „Ausblick: Über die Macht der Moral“ anführt:
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Moral wird in den Dienst niedriger, gewöhnlicher Interessen gestellt, es wird moralisch geredet, aber politisch gedacht. So greift man Personen, deren Ansichten man ablehnt, nicht mit
Sachargumenten an, sondern zielt darauf ab, ihre moralische Integrität zu diffamieren. Und auch noch die obstrusesten Besitzstände werden auf Teufel komm raus im Namen der sozialen Gerechtigkeit
verteidigt.
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Protest tritt im Gewand moralischer Überlegenheit auf, blockiert dabei aber eine in Demokratien erforderliche und übliche Überzeugungsarbeit. Zwar kann auch in rechtstaatlichen Demokratien
Widerstand gegen die Obrigkeit berechtigt sein, statt aber mit überzogenem, begeisterten moralischem Pathos sollte er besser mit einem gewissen moralischen Unbehagen gepaart sein, das aus dem
Bewusstsein folgt, gegen eine demokratisch autorisierte und damit moralisch legitime Gewalt vorzugehen.
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Es werden aus komplexen Sachverhalten nur wenige Faktoren herausgegriffen. Hier verhalten sich Moralisten wie schlechte Detektive: Schon vor genauer Problemanalyse haben sie bereits ihre Theorie
und halten an ihr auch gegen die Wirklichkeit fest.
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Man lebt nicht nach den Maßstäben, die man von anderen erwartet. Je nach dem, ob die Anderen betroffen sind oder man selbst oder die befreundete Gruppe ändert sich bei gleicher Sachlage
wunderbarerweise das moralische Urteil.
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Die Wichtigtuerei und das falsche Pathos derjenigen, die eine neue Moral einfordern, deren wirklich bedenkenswerte Teile man aber bereits in der Geschichte besser ausgesprochen findet
(Höffe kritisiert hier einige Wortführer der ökologischen Debatte, die seiner Meinung nach mit ihrer Kritik am übersteigerten Selbstbezug des Menschen über das Ziel weit hinausschießen, da
ohne gesundes Selbstinteresse die Lebensgrundlagen des Menschen letztlich massiv gefährdet seien).
Jürgen Czogalla
01.05.2014
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