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                Philosophisch-ethische Rezensionen
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Ulla Wessels, Das Gute, Frankfurt am Main 2011Die Autorin erläutert und verteidigt eine Ethik, der es um  die Wohlfahrt der Menschen geht und diese Wohlfahrt setzt sich für sie aus  hedonischem Glück (das Glück der Freude, der Lust im Gegensatz zum Unglück des  Schmerzes und der Unlust) und der Erfüllung von Wünschen zusammen. Damit ein  Wunsch auch als „echter“ Wunsch durchgehen kann, muss er nach Meinung der  Autorin bestimmte Kriterien erfüllen: Intrinsizität, Angebundenheit an  Vorstellungen, Angebundenheit an Empfindungen und Implizitheit. Dabei vertritt  sie einen psychologischen Hedonismus, der besagt, dass alle Individuen  letztlich nur Wünsche hedonischen Inhalts haben und dass, wenn die Wünsche  nichthedonisch wären, sie bloß dazu instrumentell verwendet werden würden um  doch wieder letztlich einen hedonischen Inhalt zu erreichen. Betont wird  außerdem, dass die Wohlfahrt allein etwas genuin Subjektives wäre. Das Hauptaugenmerk  dieser Ethik ruht für mich befremdlicherweise nicht auf der Argumentation für  wahre und falsche Handlungen, sondern sie ist wertneutral. Gemessen und  beurteilt wird nur die Hedonie und die erreichte Wunschstärke (wenn nur die  Wünsche den angegebenen Kriterien entsprechen). Ich meine aber Wünsche stehen  im Wechselspiel zu vernünftigen Argumenten und werden durch Argumentation  geweckt, verstärkt und geschwächt, bzw. regen Argumentationen an. Ich hätte  daher eher erwartet Regeln zu finden, wann eine Argumentation ethisch auf  Wahres oder Falsches verweist, als Regeln für den korrekten Wunsch zu bekommen.  Denn ob ein Wunsch nun ethisch korrekt ist muss man meiner Meinung nach argumentativ  verständlich machen können. Es ist darum meiner Meinung nach auch nicht etwa egal  durch welche Argumente ich zu Wünschen komme, ich möchte auch nicht von bloßen  (Dumm-)Schwätzern und Werbe- und Propagandafachleuten umgeben sein, sondern von  Menschen, die mir die Wahrheit sagen. (Für diesen Wunsch lassen sich eine ganze  Fülle von vernünftigen Argumenten nennen, die sich zu überlegen ich an dieser  Stelle aber dem geneigten Leser überlassen möchte, denn eine eigene Abhandlung  möchte ich hier nicht schreiben). So bleibt der Autorin im Grunde dann auch nichts  weiter übrig, als die Wunschstärke der Wünsche, die ihrer Definition  entsprechen, gegeneinander abzuwägen, bzw. zu summieren und dann als ethische  Entscheidungsgrundlage heranzuziehen (eine hübsche Ethik für Umfrageexperten,  Statistiker und Supercomputer, schöne neue Welt), eine wenig überzeugende  Methode, wie ich meine, eigentlich ein Armutszeugnis.
       Allerdings versteht es die Autorin ihre Thesen und Forschungsergebnisse gut lesbar und verständlich vorzutragen, das Buch hat mich dazu angespornt, eigene Standpunkte zu hinterfragen und mein eigenes Verständnis zu vertiefen. Ein interessantes Buch. Klare Leseempfehlung für alle die, die sich kompakt und verständlich über Glück-Wunsch-Ethiken informieren möchten. Jürgen Czogalla, 09.01.2012 
          
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