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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Hrsg.: Rebecca Buxton & Lisa Whiting: Philosophinnen. Von Hypatia bis Angela Davis. Herausragende Frauen der Philosophiegeschichte, 2021

In ihrer Einleitung beklagen die Herausgeber, dass die gegenwärtigen Seminare und Philosophiebücher den Anschein erwecken, dass es durchgängig Männer sind, von denen das philosophische Denken im Wesentlichen ausging. Das wird aber, davon sind die Herausgeber überzeugt, den Frauen nicht gerecht. Nun wissen natürlich auch die Herausgeber von der Tatsache, dass Frauen in der akademischen Welt immer unterrepräsentiert waren, da sie über viele Jahrhunderte von der Bildung praktisch ausgeschlossen waren. In Großbritannien, so wissen sie, hatten es die ersten 4 Frauen erst 1880 zu einem Universitätsabschluss geschafft, in Cambridges ist dies sogar erst seit 1948 möglich gewesen. Heutzutage sieht das aber anders aus, so wissen sie. Denn auf den meisten Universitäten gibt es für einen Studiengang Philosophie heute mehr Frauen als Männer in den Bachelor-Studiengängen. Trotzdem gibt es noch ein enormes Gefälle zwischen den Geschlechtern was die höheren Positionen angeht. Auch nicht-weiße Frauen und Frauen aus Minderheiten gelangen selten in höhere Führungspositionen. Und ein klassischer universitärer Lehrplan für Philosophie weist in der Regel nur sehr wenige bis gar keine Frauen auf. Trotzdem sehen sie Grund für Hoffnung. Denn die akademische Welt macht Fortschritte darin die Geschichte der Philosophinnen zurückzuerobern. Angestrebt wird von den Herausgebern also, das allgemeine Bild von Philosophie in Richtung auf Frau zu verändern. Mit diesem Buch wollen sie unsere Wahrnehmung verändern. Jede Philosophin wird von einer anderen Autorin aus dem akademischen Bereich vorgestellt, die sich natürlich besonders mit ihr befasst hat. Dabei wird super-kurz jeweils auf Leben, Werk und Bedeutung gerade auch für uns heutige eingegangen, aber auch von Seiten gesprochen die für uns heutige eher problematisch sind. Die Artikel sind von der Länge her auch nicht immer gerade ausführlicher als ein längerer Wikipedia Artikel, aber natürlich mit Sachverstand und - Begeisterung geschrieben. Immer wieder wollen sie anregen sich mit den vorgestellten Philosophinnen zu beschäftigen. Im Anschluss folgt immer eine kurze Literaturliste. Dabei liegt ein Schwerpunkt auf Frauen, die uns zeitlich nahe stehen: 11 der vorgestellten Philosophinnen sind im 20. Jahrhundert geboren worden und einige davon haben auch heute noch ein wirksames Leben. 9 Philosophinnen aus vorangehenden Jahrhunderten werden ebenfalls vorgestellt. Hier die Liste: Diotima, Ban Zhao, Hypatia, Lalla, Mary Astell, Mary Wollstonecraft, Harriet Taylor Mill, George Elliot, Edith Stein, Hannah Arendt, Simone de Beauvoir, Iris Murdoch, Mary Midgley, Elizabeth Anscombe, Mary Warnock, Sophie Bosede Oluwole, Aziza Y. Al-Hibri, Angela Davis, Iris Marion Young und Anita L. Allen. Die Philosophinnen sind hier genau wie im Buch aufsteigend nach ihrem Geburtsdatum geordnet. Besonders schön und inspirierend bei der Auswahl fand ich, dass gerade bei den jüngeren Jahrgängen viele der Genannten nicht nur einfache Schreibtischtäter waren, sondern Aktivistinnen, die sich für die Rechte anderer und eine bessere Gesellschaft teils auch radikal eingesetzt haben. Eine gute Auswahl! Am Ende des Buches gibt es eine weitere, überschaubare Liste von nicht behandelten Philosophinnen. Ungewöhnlich an dem Projekt ist, dass es ein reines Frauenprojekt ist: Die Herausgeber und die Autoren sind allesamt weiblich. Die Einblicke in die Philosophie der vorgestellten Frauen ist, schon allein wegen der Kürze der Texte, meines Erachtens eher dürftig, ist aber durchaus als appetitanregendes Sprungbrett für weitere Studien brauchbar und ein Mutmacher für die junge Frauengeneration, dass sie es auch bis ganz nach oben schaffen können. Viele der vorgestellten Frauen waren mir vorher auch ganz unbekannt. Gerade was chinesische, afrikanische und muslimische Philosophie angeht habe ich noch etliche Lehrstellen. Vielen Dank an die Herausgeber für eine inspirierende Lektüre!

Jürgen Czogalla, 12.06.2022

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