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Philosophisch-ethische Rezensionen
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Daniel C. Dennett, Von den Bakterien zu Bach – und zurück. Die Evolution des Geistes, Berlin 2025Dennett, ein US-amerikanischer Philosoph und 2024 verstorben, möchte einem
breiterem Publikum die seiner Meinung nach beste wissenschaftliche Theorie über die Evolution des Geistes in seinem Buch
vorstellen. Es ist auch sicher eine Art Zusammenfassung seiner Lebensleistung. Es geht primär um die Frage, wie es zu Wesen
kam, die einen Geist besitzen und wie es möglich ist, dass Wesen diese Frage stellen und beantworten können. Er versucht
die dualistische Wunde zu heilen – auf der einen Seite die Wissenschaften von Materie, Bewegung und Energie, die Dank
Evolution Leben hervorbringen, und auf der anderen Seite das ganz vertraute, aber mysteriöse und private Phänomen des
Bewusstseins -, indem er die Lösung anbietet, dass sie in Darwins seltsamer Umkehrung des Denkens besteht: Jegliches Design
in der Biosphäre ist Ergebnis blinder, verständnis- und zweckloser Prozesse der natürlichen Evolution. Seiner Meinung nach
kann die Evolution durch Selektion auf geistlose Art Gründe ohne Begründung aufdecken. Diese Gründe, warum Lebewesen so uns
so sind, liegen im Prozess der natürlichen Selektion, eine Kompetenz ohne Verständnis. Kulturelle Invasoren bilden dann
später beim Menschen einen weiteren Selektionsdruck: Wörter, die sich vermehren wollen und andere Meme führten zu veränderten
Hirnstrukturen. Die dadurch vergrößerten Lebensmöglichkeiten bauten einen weiteren Selektionsdruck auf in Richtung auf Anpassungen –
Denkwerkzeuge, die unsere Vorfahren halfen den Überblick über ihre neuen Gelegenheiten zu bekommen. Diese kulturelle Evolution
führte nach Dennett dann weg vom ziellosen und zufälligem Suchen zu effektiveren Designprozessen, die vorausschauend, zielführend
und Verständnis abhängig waren, hin zum Menschen als intelligentem Designer. Die Folge ist eine Entdarwinisierung der kulturellen
Evolution. So ist das
menschliche Bewusstsein für Dennett eine Art Benutzerillusion, die uns dabei hilft unter Zeitdruck über
die Runden zu kommen, indem es sich starker Vereinfachungen bedient, um daraus eine Welt zu konstruieren, in der wir leben und
mit der wir uns erfolgreich und treffsicher zurechtfinden können. Dabei spannt er einen Bogen von Descartes als zu überwindender
„Gravitation“ über Darwin, bis hin zu modernen Denkern wie Turing, Sellars und Dawkins. Ein anspruchsvolles und sehr umfangreiches
Buch, das in Teilen ohne ein gewisses Hintergrundwissen mit der Materie nicht ganz so leicht verständlich ist, dabei aber doch
in der Tat für ein breiteres Publikum zugänglich bleibt. Ich habe es gerne gelesen.
Jürgen Czogalla, 20.07.2025 ![]() |