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Philosophisch-ethische Rezensionen
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Daniel C. Dennett, Wie uns unser manifestes Weltbild bewusst wurdeUnter Manifestes Weltbild versteht Dennett, und er beruft sich hier auf
Wilfrid Sellars, der den Begriff geprägt hat, den riesigen Kernbestand von Wissen von der Welt, den alle normalen
Menschen von ziemlich frühen Alter an teilen und das mit etwa 6 Jahren bereits voll ausgeprägt ist. Es sind die Dinge,
die wir mit Leichtigkeit erkennen, lieben, hassen, benutzen oder erschaffen können. Das manifeste Weltbild meint, dass
es für alle offensichtlich ist und jeder auch weiß, dass es offensichtlich ist, man lernt es mit der Muttersprache und
es ist die Welt, wie wir sie sehen. Dagegen wird das wissenschaftliche Weltbild etwa von Molekühlen, Atomen, Elektronen
und Gravitation bevölkert. Nach Dennett erschafft das Geben und Nehmen von Gründen und der Informationsaustausch mittels kommunikativer Handlungen unsere persönliche Benutzerillusion. Dabei geht er davon aus, dass die freischwebenden Grundprinzipien des Verhaltens aller Lebewesen sich um den Selbstschutz drehen. Es geht darum, sich selber und andere besser einzuschätzen, um daraus Vorteile für das spätere Leben und das eigene Überleben zu gewinnen. Darum ist es für uns Menschen wichtig, dass wir uns bei unserem eigenen Kommunikationsverhalten selbst beobachten können. Wir müssen den Überblick darüber behalten, welche Gedanken die unseren sind und ob wir sie anderen mitteilen wollen oder doch besser nicht. Als kommunizierende Gemeinschaft wurden wir Nutznießer einer Art der Benutzerillusion, die uns Versionen unserer kognitiven Prozesse sichtbar machte, die bis dato, so wie etwa der Stoffwechsel, ganz undurchsichtig waren. Was ist nun auf diesem Hintergrund das Selbst? Für Dennett ist das der Endverbraucher, der Benutzer des Betriebssystems, das uns die Dinge einfach darstellt, die in Wirklichkeit hoch komplex sind, denn wir können die gewaltige Zahl von mechanischen Einflüssen auf unser Verhalten unmöglich alle kennen, weil wir eine ganz außergewöhnlich komplizierte Maschine bewohnen (Dennett nimmt hier Bezug auf Daniel Wegner). Unsere erstpersonale Perspektive auf unseren eigenen Geist ist darum gar nicht so verschieden, wie unsere zweitpersonale Sicht auf den Geist von anderen: Denn in beiden Fällen können wir die komplexen neurologischen Prozesse, die im Gehirn dabei ablaufen, weder sehen, hören oder fühlen. Durch unsere Benutzerillusion bekommen wir stattdessen eine stark vereinfachte Zusammenfassung angeboten, die uns aber so vertraut ist, dass wir sie für die Wahrheit, ja die unbezweifelbarste und zugänglichste Wahrheit überhaupt halten. 20.07.2025 |