Philosophisch-ethische Rezensionen
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John Dewey, Demokratie und Erziehung. Eine Einleitung in die philosophische Pädagogik, Weinheim und Basel 2011, 5. AuflageDieses Buch ist ein Klassiker der Philosophie des 20. Jahrhunderts,
erschienen im Jahr 1916, geschrieben von dem großen US-amerikanischen Philosophen und Pragmatisten John Dewey. Er
sucht darin Antworten auf die Frage wie eine Erziehung in einer Demokratie und für eine Demokratie auszusehen hat.
Erziehung ist für ihn ein Vorgang ständiger Erneuerung des Sinngehaltes der Erfahrung. Es ist ein Vorgang des
Wachstums, in dem die unreifen Individuen und ihre soziale Gruppe Lenkung bedürfen. Sie ist notwendig, damit soziale
Gruppen erhalten bleiben – über den Tod einzelner Individuen hinaus. Für demokratische Gesellschaften bedeutet das,
dass die Erziehung nicht darauf ausgerichtet sein darf nur die Gewohnheiten einer herrschenden Klasse fortzuschreiben,
sondern Freiheitsräume zu schaffen und soziale Interessen zu wecken. Das Ideal einer demokratischen Erziehung muss es
daher sein einer dauernden Neugestaltung und Neuordnung der Erfahrung zuzustreben. Dabei soll der von der Gesellschaft
anerkannte Sinngehalt der Erfahrung wachsen und die Fähigkeit der Leitung dieser Neugestaltung größer werden. Dabei
spricht sich Dewey gegen eine auf Dualismen beruhende Erziehung aus die eine strikte Teilung von Arbeit und Muße,
praktischer und geistiger Arbeit , Mensch und Natur, Individuum und Gemeinschaft, Kultur und Beruf praktiziert. Dewey
meint dagegen, dass zwischen menschlichen Impulsen und den Kräften der Natur ein enger Zusammenhang besteht und dass
geistiges Wachstum am besten durch Teilnahme an zielstrebigen Gemeinschaftstätigkeiten gefördert wird. Außerdem stellt
er fest, dass die physische Umwelt und der Gebrauch, der von ihr gemacht wird, die soziale Umwelt beeinflusst. Eine
fortschrittliche Gemeinschaft soll schließlich auch individuelle Abweichungen im Denken und Begehren verwerten. Methode
und Stoff sind ihrem Wesen nach für ihn eins, Zweck und Mittel können nicht voneinander getrennt werden und Geist ist
zu verstehen als das Denken, dass das Verhalten wahrnimmt und seine Bedeutung nachprüft. Es ist eine Erziehung, die
die Lebenswelt des Zöglings miteinbezieht und ihn dazu ermächtigt, das eigene Erfahrungsfeld zu erweitern und sich positiv
und bereichernd in seinem Umfeld zu engagieren. Aufgabe ist es nicht, die Schulen zu einem Anhängsel des Gewerbes zu
machen, sondern etwa die Faktoren des Gewerbes sollen benutzt werden, um das Schulleben aktiver und sinnreicher zu
machen und den Schüler mit dem Leben außerhalb der Schule in engere Verbindung zu bringen. Ziel ist, dass jeder zuletzt
an dem was er tut ohne Zwang einsichtsvoll interessiert ist und zwar deswegen, weil sein Tun zu seinen Fähigkeiten passt.
Durch seine Tätigkeit soll er beitragen das Leben Anderer lebenswerter zu machen und ein Band zu knüpfen, dass über alle
gesellschaftlichen Unterschiede hinweg verbindet, so wie es sich für einen demokratischen Staat gehört.
Das Buch liest sich zunächst etwas träge, wird aber gerade in den letzten, das vorige Zusammenfassende, Kapiteln geradezu furios. Es macht mir riesigen Spaß, dieses durch und durch demokratische Erziehungsmodell zu verfolgen, das immer noch wirklich erfrischend und inspirierend ist. In einem Nachwort geht der Herausgeber Jürgen Oelkers auf die Rezeptionsgeschichte dieses Buches in Deutschland ein, und gerade für die deutschen Philosophen, geprägt durch ein Konzept, dass eher von der klassischen Geistesphilosophie geprägt wurde und die bei Dewey eine Letztbegründung, eine Strukturtheorie des Geistes und eine Anthropologie vermissten, war die Reaktion im Grunde eher desinteressiert bis ablehnend. Die gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland führte dann auch nicht zur Befestigung von Demokratie, sondern zur nationalsozialistischen Diktatur. Es wäre Dewey zu wünschen, dass er in unser heutigen, starken Demokratie in Deutschland wieder mehr rezipiert werden würde. In meinem persönlichen Umfeld gibt es zwei Personen, die ein Studium für das Lehramt für Gymnasium erfolgreich abschlossen. Aber von Dewey haben sie noch nie etwas gehört. Das Konzept „learning by doing“, das oft mit Dewey in Verbindung gebracht wird, ist ihnen aber selbstverständlich bekannt.
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