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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Michel Foucault, Der Diskurs der Philosophie, Berlin 2024

Foucault ist ein einflussreicher französischer Philosoph des 20. Jahrhunderts, gestorben 1984. Das Buch, um das es hier geht, wurde zu seinen Lebzeiten nie veröffentlicht. Es entstand vermutlich 1966, nachdem sein erfolgreiches und sehr einflussreiches Buch „Die Ordnung der Dinge“ veröffentlicht wurde. Man hat es aus seinem Nachlass ausgegraben und ganz frisch und wissenschaftlich neu herausgegeben. Für viele ist das eine kleine Sensation.

Worum geht es hier nun? Es geht im Grunde darum, was Philosophie heute ist und wie sich das, was Philosophie war, im Laufe der Zeit gewandelt hat. Dabei entfaltet Foucault die Methode eines diskursiven Ordnens, wie er es bereits in „Die Ordnung der Dinge“ getan hat, wobei eine gewisse Weiterentwicklung deutlich wird, auf die ich hier allerdings nicht weiter eingehen werde.

Laut Foucault hat die heutige Philosophie eine ganz neue Aufgabe bekommen, die ihr bisher nicht vertraut ist: Es ist die Aufgabe zu diagnostizieren. Abgekommen ist sie so von ihrem bisherigen Königsweg, so Foucault: Nämlich Wissen zu begründen oder zu vollenden, Aussagen über das Sein oder den Menschen zu machen. Indem sie jetzt zum diagnostischen Diskurs wird, sucht sie Zeichen zu erkennen, sie zu interpretieren, verborgene Übel und unerträgliche Geheimnisse zu enthüllen, sie aus den vielen Worten, die um uns herum sind, irgendwie herauszuhören, obwohl sie nie direkt ausgesprochen werden. Allerdings, so Foucault, der hier wohl sein eigenes philosophisches Programm erklärt, geht es bei dieser Diagnose nicht darum, eine Interpretation oder eine Therapie anzubieten. Er spricht von einer rätselhaften Aufgabe, die die Philosophie verjüngt: Zu diagnostizieren, ohne auf ein tieferes Wort zu hören. Der neue Philosoph als Arzt, aber ohne Heilungsauftrag. Er soll aber sagen, was verborgen ist, er soll das Geheimnis aussprechen, das uns umgibt und alles durchdringt, ohne das wir es ahnen. Er soll uns in Erinnerung rufen, was wir seit jeher vergessen haben. Der Philosoph soll nach Meinung von Foucault einfach sagen, was ist, ohne Abstand oder Distanz im selben Augenblick, indem er spricht. Er hat seine Pflicht erfüllt, wenn er einholt, was heute ist, um es dann im Netz seiner Worte aufblitzen zu lassen. Foucault nennt das einen seltsamen Diskurs, der keine Rechtfertigung hat, keine Versprechungen macht. Ein lächerlicher Diskurs, der die Philosophie in der diagnostischen Tätigkeit ausmacht. Mit der Aufgabe, das Heute wiederzuerkennen, das ihres ist. Dabei zeigt er die Entwicklung und Brüche in der geschichtlichen Entwicklung des philosophischen Diskurses auf, weist auf den Weg zum Jetzt hin und wie es möglicherweise weitergehen könnte.

Ein ausgesprochenes Fachbuch und wirklich eine schwere, für den unbedarften Einsteiger womöglich sogar eine ziemlich unverständliche und rätselhafte Lektüre. Von den Herausgebern gibt es zum Schluss noch ein paar erläuternde Seiten, die für Leute vom Fach vielleicht irgendwie noch interessant sind, aber tatsächlich auch nicht wirklich einfacher als der Text von Foucault selbst sind, also für mich ziemlich eindeutig Anmerkungen für die Tonne. Also ganz gewiss kein Buch, dass ich zur Einführung in Foucaults Denken empfehlen würde. Vielleicht dann schon eher seine „Ordnung der Dinge“ (allerdings auch eine schwere Lektüre) oder eine Sekundärliteratur, die ein bisschen erklärt, worum es bei Foucault eigentlich geht und die nicht bei Fachleuten punkten will, sondern dem Einsteiger wirklich helfen möchte.

Jürgen Czogalla, 18.08.2024

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