Philosophisch-ethische Rezensionen
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Manfred Geier, Aufklärung. Das europäische Projekt, Hamburg 2012Die Kenntnis davon, um was sich die mutigen und tapferen Aufklärer im 17., 18. und 19. Jahrhundert bemüht haben, für was sie sich oft unter Einsatz ihres Lebens einsetzten und für welche Überzeugungen und Einsichten – Einsichten die uns heutigen Europäern zum Teil eine Selbstverständlichkeit geworden sind – sie dereinst mit ganzem Herzblut kämpften, das alles ist elementar wichtig um das kleine europäische Wunder, in dem wir leben, zu verstehen und auch um zu erfahren, dass so etwas wie Menschenrechte, den Mut sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, sein Leben nach dem Maß der Vernunft auszurichten und die Meinung und Lebensweise Anderer zu tolerieren, auch wenn sie der eigenen Lebenseinstellung nicht entspricht – mit der Einschränkung, dass dem Leben anderer Bürger dadurch nicht grob geschadet wird und kein Unrecht geschieht – nicht selbstverständlich ist und um deren Erhalt der Einsatz sich lohnt.
Manfred Geier schreibt keine trockene Abhandlung, sondern gibt die Taten, das Denken und das Engagement bedeutender Aufklärer in ihren Lebensbilder wieder. Da wird unter anderem von dem großartigen Briten John Locke erzählt, und wie er auf die Idee der allgemeinen Menschenrechte kam, und von den subversiven, frechen und ‚bösen‘ französischen Aufklärern, von Voltaire, Rousseau und Diderot. Und natürlich auch von Immanuel Kant, dem ganz großen Königsberger. Die Lebensumstände und Einflüsse werden gut dargestellt, die philosophischen Grundgedanken der jeweiligen Philosophen in ihrem geschichtlichen Umfeld zum Ausdruck gebracht, letztere aber doch nicht zu sehr in die Tiefe gehend, was wiederum das Lesen nicht zu anstrengend macht: Wer sich wirklich für die philosophischen Systeme und Gedanken der dargestellten Philosophen interessiert, braucht noch anderes ‚Futter‘ und bekommt hier nur erste Einblicke, aber doch immerhin die Grundzüge. Und am Ende des Buches wird er wohl sagen können, was das ist, Aufklärung, ohne in bloß nachgeredete, unverstandene Phrasen zu verfallen. Ab und an erlaubt sich der Autor auch Ausflüge in die Moderne, etwa wenn er davon berichtet, wie Kants Idee eines ewigen Friedens als Zukunftsprogramm auf heutige Philosophen, auch im Angesicht gegenwärtiger Konflikte, eingewirkt hat. Restlos begeistert von dem Buch bin ich zwar nicht – es mag daran liegen, dass mir der Autor zu wenig die Aufklärung mit dem kontrastiert, was vor ihr war, einer Welt, die uns heutigen sicher weitaus ferner liegt –, kann es aber doch guten Gewissens als eine gewinnbringende Lektüre empfehlen. Allerdings muss man wissen, dass der Autor ab und an englisch- und französischsprachige Zitate nicht übersetzt. Wer sie nicht versteht, wird sich wohl über einige Verständnisleerstellen ärgern, sie halten sich aber in Grenzen und das Buch wird trotzdem noch für ihn ein Gewinn sein. Jürgen Czogalla, 14.05.2012 |