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                Philosophisch-ethische Rezensionen
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Eva Weber-Guskar, Gefühle der Zukunft. Wie wir mit emotionaler KI unser Leben verändern, Berlin 2024Das Buch möchte auf den Bereich des Affective Computing und dessen
        praktischen Anwendungen aufmerksam machen. Unter Affective Computing wird dabei sehr weit gefasst Computertechnik
        verstanden, die sich auf Emotionen bezieht, von ihnen ausgeht oder sie beeinflusst. Dabei wird zum einen bereits versucht
        menschliche Gefühle automatisiert zu erfassen und auszuwerten, andererseits aber auch digitalen Systemen Gefühlsausdrucke
        simulieren zu lassen. Dadurch wird die Interaktion zwischen Mensch und Maschine emotionalisiert. Außerdem wird bereits
        daran geforscht, künstliche Intelligenz zu schaffen, die selbst Emotionen hat. Es geht der Autorin darum zu begründen,
        zu erklären und zu empfehlen, auf welche Weise wir mit dieser Technologie unser Leben verändern und von welchen
        Entwicklungen wir besser die Finger lassen sollten. Da viele Anwendungsmöglichkeiten auf den Bereich der Öffentlichkeit
        abzielen ist über deren Gestaltung auch in einer Demokratie gemeinsam öffentlich zu diskutieren, anstatt, dass wir uns
        von einigen großen, profitorientierten Unternehmen bestimmen lassen. Weber-Guskar stellt fest, dass es für die meisten
        Anwendungen irrelevant ist, ob die Systeme selbst Gefühle haben oder diese nur simulieren. So gibt es z.B. zunehmend
        PKWs und LKWs, in die Kameras eingebaut sind, die anhand der Augen der Fahrer feststellen können, ob sie zu müde für
        sicheres Fahren sind. Unternehmen benutzen außerdem bereits für Testscreenings Emotionserfassungssoftware, um zu prüfen,
        ob der Werbeclip gut ankommt. Auch wird versucht, den emotionalen Zustand zu erfassen, um passende Werbung zu generieren.
        Außerdem wird affective Computing bereits unterstützend bei Depressiven oder Suizidgefährdeten eingesetzt, auch bereits
        in der Psychotherapie etwa in Form von psychotherapeutischen Gesprächs-Apps. Es gibt aber auch bereits soziale Chatbots
        ohne therapeutischen Anspruch, die durchaus in schwierigen Situationen wie der Corana Krise durch persönliche Gespräche
        stabilisierend wirken können. Andere Anwendungen versuchen von der emotionalen Verfassung von Personen im öffentlichen
        Bereich auf mögliches kriminelle Potential zu schließen.               Mögliche Gefahren aus dieser Technologie, so Weber-Guskar, werden oft überschätzt. Denn die Systeme zu Gefühlserfassung sind nicht nur technisch noch nicht wirklich ausgereift, sondern ihre Leistungsfähigkeit hat grundsätzliche Grenzen: Allein etwa von der Physiologie auf Emotionen zu schließen wird immer ungenau bleiben. Was persönliche Beziehungen mit Chatbots angeht, meint sie, dass wir versuchen sollten realistische Beziehungen zu führen, die uns vor Illusionen und problematischer Fiktion bewahren. Der Entwicklung digitaler Systeme, die wirklich Emotionen besitzen – ganz abgesehen von der prinzipiellen gewaltigen Schwierigkeit, die dies Aufgabe darstellt -, steht sie ablehnend gegenüber. Spannendes Buch zu einem spannenden Thema, gut verständlich und doch mit philosophischer Tiefe rüber gebracht, mit zahlreichen Beispielen aus Praxis und Forschung, bodenständig, nüchtern und dabei der neuen Technik und ihren Möglichkeiten durchaus positiv, aber nicht naiv zugewandt. Jürgen Czogalla, 19.10.2025 ![]() 
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