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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Wolfgang Huber, Ethik. Die Grundfragen unseres Lebens von der Geburt bis zum Tod, München 2013

Huber arbeitet wichtige ethische Fragen am menschlichen Lebenslauf orientiert in 19 Kapiteln ab (eigentlich hat das Buch aber 20 Kapitel, das erste Kapitel beinhaltet aber „nur“ eine allgemeine Einführung zum Thema Ethik). Hier werden alle drei für ihn grundlegende Dimensionen der Ethik, die personalethische, die professionsethische und die institutionsethische Dimension angesprochen. Sei es nun im Kapitel „Zusammenleben“, „Menschliche Würde“, „Behinderung“, „Grundbedürfnisse“, „Armut“, „Kultur“, „Gewissen“, „Verantwortung“, „Informationszeitalter“, „Arbeit“, „Profit“, „Wissenschaft“, „Medizin“, „Politik“, „Toleranz“, „Krieg und Frieden“, „Generationengerechtigkeit“, „Alter“ oder schließlich im Kapitel „Sterben“, so geht der Autor schematisch immer so vor, dass er zunächst einen aktuellen Impuls setzt (also ein ausführliches aktuelles Beispiel bringt, das dem Leser die Problematik des folgenden Themas prägnant vor Augen führt) und von dort aus den Problemkreis erschließt und dem Leser dann argumentative ethische Entscheidungshilfen liefert, und zwar letztlich mit dem Ziel, dass der Leser sich die Argumentationslinien der einzelnen Kapitel so verinnerlicht, dass er sie selbstständig auch auf Themen anwenden kann, die in dem Buch nicht abgehandelt werden. So soll er zuletzt einen eigenen, begründeten Standpunkt für das, was richtig (Huber versteht hier unter „richtig“ das zu erkennen, was man dem anderen schuldet, damit man bei aller Unterschiedlichkeit als Gleiche gut miteinander zusammenleben kann) und gut (unter „gut“ versteht Huber das für das Gelingen des eigenen Lebens Nötige und Hilfreiche, dem was man sich selbst schuldet, um ein gelungenes Leben führen zu können) ist finden können. Aufgabe der Ethik ist es demnach über das so definierte Richtige und Gute zu reflektieren. Die grundlegende Orientierung für den ehemaligen EKD (=Evangelische Kirche in Deutschland) Ratsvorsitzenden Huber bildet hierzu die evangelische Gestalt christlicher Ethik, der es, so wie sich der Autor ausdrückt, um die verantwortete Freiheit als Lebensform geht. Diese Freiheit begreift er als dem Menschen anvertraut und er stellt fest, dass wir in ihrem Gebrauch immer wieder scheitern und dann auch immer wieder die Kraft für einen Neuanfang brauchen. Dabei reichen universalistische Normen zur Begründung und Orientierung unseres Handelns alleine nicht aus, so meint er, sondern Verbindlichkeiten würden sich nur in einem gemeinsamen Leben, in Gemeinschaften tragfähig entwickeln. Zugleich aber stellt er fest, dass sich eine christliche Ethik nicht auf ein kirchliches Gruppenethos alleine beschränken, sondern diesen Ethos zu anderen in Beziehung setzen sollte, z. B. in dem Eintreten für die Achtung und Wahrung der Würde aller Menschen. Dabei argumentiert Huber allerdings weniger mit Bibelzitaten als mit Vernunftsargumenten, bzw. verweist auch immer wieder auf veröffentlichte Arbeitspapiere der EKD zum jeweiligen Thema. Seine Beurteilung der Probleme und seine Lösungsansätze gehen meiner Meinung nach doch einigermaßen in die Tiefe, sodass seine kleinen Themenabhandlungen auch für den nicht-theistischen Leser doch interessant sein dürften, denn Huber ist sozusagen kein Holzhammer-Christ, sondern sucht die Kommunkation und das Verstehen auch mit einer immer kirchenferner werdenden Gesellschaft. Das hat mir gut gefallen. Das Buch selbst ist also durchaus anspruchsvoll und eigentlich annähernd auf Hochschulvorlesungsniveau, es bleibt aber durchaus verständlich, wenn man sich beim Lesen Zeit und eine stille Ecke sucht, der Inhalt wird für meinen Geschmack aber weithin zu trocken und zu konzentriert vermittelt, um das Buch etwa noch als rundum gelungenes populärphilosophisches Werk bezeichnen zu können.

Jürgen Czogalla, 11.11.2013

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