![]()  | 
                Philosophisch-ethische Rezensionen
             | 
  | 
Hans Joas, Die Entstehung der Werte, Frankfurt am Main 1999
                 Der Autor geht in seinem Buch der Frage nach, wie und wo der Begriff
                 'Wert' zuerst aufgekommen ist und welche Werttheorien die nach Meinung
                 des Autors hierfür maßgeblichen Philosophen entwickelt haben.
                 Schließlich gibt Joas selbst noch seine eigene, in Auseinandersetzung
                 mit dieser Tradition entstandenen Wertheorie zum Besten. Dabei verfolgt
                 er die Absicht, nicht etwa irgendwelche Werte zu propagieren, sondern
                 er fahndet nach Handlungszusammenhängen und Erfahrungstypen, in denen
                 das subjektive Wertgefühl letztlich ruht, nach deren Ursprung und
                 Grund. Nach Joas ist sein Buch nötig, weil seiner Meinung nach weder in
                 der gegenwärtigen Soziologie noch Philosophie wirklich befriedigende
                 Lösungsvorschläge vorlägen, und noch um so mehr und dringender, da in
                 der westlichen Wertegemeinschaft eine wichtige und große Debatte über
                 Werteverlust und Wertewandel im Gange sei. Joas selbst präsentiert
                 seine Lösung schon gleich in der dritten Zeile des ersten Kapitels
                 seines Buches, wo er in einem einzigen Satz seine Erkenntnisse
                 zusammenfasst: Werte entstehen in Erfahrung der
                 Selbstbildung und
                 Selbsttranszendenz. Um diesen Satz der vorweggenommenen Aufklärung des
                 Problems aber wirklich verstehen zu können, muss man dann schon das
                 ganze restliche Buch lesen. Joas geht dem Wertedenken Nietzsches, der
                 seiner Meinung nach als Erster dieser Frage mit aller Radikalität
                 nachgegangen ist, auf den Grund, es folgt ein Kapitel über William
                 James, den Joas besonders schätzt, desweiteren Kapitel, die sich
                 ziemlich ausführlich mit Émile Durkheim, Georg Simmel, Max Scheler,
                 John Dewey und Charles Taylor beschäftigen. Danach geht er auch noch
                 auf den Postmodernismus und hier insbesondere auf Richard Rorty ein.
                 Die Ausführungen finde ich spannend und tiefschürfend, Joas arbeitet die
                 Stärken und die seiner Meinung nach bestehenden Defizite der
                 vorgelegten Entwürfe detailliert und pointiert aus, bevor er in den
                 letzten Kapiteln dann noch einmal seinen eigenen Lösungsansatz genauer
                 erklärt. 
         Das Thema des Buches halte ich für wirklich wichtig und hochinteressant, Joas Buch ist dabei anspruchsvoll, bleibt aber für mich im Großen und Ganzen nachvollziehbar. Eine leichte Lektüre ist es aber sicher nicht. Unschön allerdings, dass englische Zitate nicht übersetzt werden, und die kommen insbesondere im Kapitel über Dewey wirklich ziemlich gehäuft vor. Zu Lesern ohne gute Englischkenntnisse, die trotzdem zu diesem Buch greifen, kann man dem Verlag eigentlich nur noch gratulieren. Bei mir sammelt man so jedenfalls aber keine Pluspunkte. Jürgen Czogalla, 15.09.2013    
    |