Philosophisch-ethische Rezensionen
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Frédéric Lenoir, Der kleine Philosoph. Wie Kinder denken, München 2018Der Buchtitel führt meiner Meinung nach etwas in die Irre.
Wer hier tiefer gehende Analysen kindlicher philosophischer Gedankengänge oder subtil reflektierte Betrachtungen
zu den philosophischen Kapazitäten von Kindern erwartet ist hier fehl am Platz und wird gleich im Vorwort des Autors
entsprechend enttäuscht. Das Buch ist vielmehr nichts anderes als eine Anleitung für philosophisch ausgerichtete Kurse
gerade für Erzieher, die selbst keine philosophische Ausbildung genossen haben. Der Autor selbst beginnt seine
philosophischen Gesprächsrunden immer mit einer kurzen, kindgerechten Meditation – auch hierzu findet sich eine
kurze Hilfe im Buch – und legt dann mit der Philosophie los, in dem er die Meinung der Kinder zu einem wichtigen
Thema einholt und sie diskutieren lässt, ohne dabei seine eigene persönliche Meinung in den Vordergrund zu stellen.
In diesen Gesprächen geht es dem Autor in erster Linie darum die Intelligenz und das moralische Bewusstsein der Kinder
zu befördern, sie dabei zu unterstützen ihre Gefühle zu kontrollieren und klare Positionen zu entwickeln. Ihnen soll
zu innerer Freiheit und Gelassenheit verholfen werden. Kinder sind für den Autoren Dreh- und Angelpunkt für eine
bessere Welt. Sein Konzept hat sich in einer Vielzahl von philosophischen Gesprächen mit Kinder zwischen 4 – 11 Jahren bewährt.
Diese Kurse hat er in der Regel an Schulen abgehalten und viel positives Feedback von Lehrern und Kindern erfahren, dem er ein
kleines Kapitel seines Buches widmet. Hauptteil des Buches aber sind seine aus Mitschriften wiedergegebenen Gespräche mit Kindern.
Es ging um die Themen was ist Glück? Was ist eine Emotion? Was ist Liebe? Was ist ein Freund?
Ist der Mensch ein Tier wie andere auch? Muss man auf Gewalt mit Gewalt antworten? Was ist der Unterschied zwischen Glauben und Wissen? Ist es
besser, sterblich oder unsterblich zu sein? Hat das Leben einen Sinn? Was ist ein erfülltes Leben. Das Buch schließt mit
stichpunktartigen, nicht wirklich ausgearbeiteten Gedanken zu 20 Grundbegriffen als Hilfe für die Erzieher, die sich
auf ein Philosophiegespräch mit Kindern vorbereiten möchten und das jeweils Raum lässt für eigene Gedanken. Grundbegriffe
sind etwa „Mensch“, „Schönheit“, „Kunst“, „Geld“, „Tod“, „Religion“, etc… Der Autor ist Mitbegründer einer Stiftung (SEVE),
die philosophische Projekte mit Kindern fördert. Zunächst ursprünglich für französische Schulen, jetzt aber auch mit
Aktivitäten in anderen europäischen Ländern.
Das Anliegen des Buches, philosophische Gespräche mit Kindern an Schulen zu fördern ist natürlich super lobenswert. Allerdings gibt es auch in Deutschland solche Initiativen, und zwar sogar schon für Vorschulkinder, dazu habe ich auch bereits hier ein Rezension etwa zu Katharina Zeitler, Siehst du die Welt auch so wie ich?, Philosophieren in der Kita, Freiburg im Breisgau 2012, 2. Auflage veröffentlicht. In diesem Buch ist es aber einfach schön die Mitschnitte des Autors seiner philosophischen Kindergespräche nachzulesen, wobei man die erfrischenden Ansichten von Kindern erfährt, aber auch sieht wie geschickt sich der Autor als Gesprächsleiter verhält. Das kann in der Praxis schon hilfreich sein. Interessantes Buch, unterstützenswertes Projekt. |