Philosophisch-ethische Rezensionen
|
|
Cornelia Mooslechner-Brüll, Radikale Freiheit. Die 5 alles entscheidenden Fragen, die dein Leben verändern, Berlin 2022Die Autorin leitet eine philosophische Praxis in der sie unter anderem
(Hilfe-) Suchende in Lebensfragen berät. Das Buch fußt nicht zuletzt, wie die Autorin auch immer wieder deutlich macht,
auf diesen Begegnungen. 5 besonders drängende Fragen, mit denen sie immer wieder konfrontiert wird und auf die der etwas
zu reißerische Buchtitel verweist, sind: Wer bin ich?, wie kann ich mich entscheiden?, wie kann ich Körper und Geist
verbinden?, wie finde ich zum Anderen?, und wie kann ich mit dem Tod umgehen?. Beschlossen wird das ganze dann noch
mit ein paar Hinweisen für ein glückendes, erfülltes Leben. Wer nun meint er bekommt jetzt sozusagen theoretische
Hochphilosophie geboten ist hier fehl am Platz. Es ist eher kein Buch für Leute vom Fach als für Normalos, die von
Fragen bewegt werden und mal zur Beantwortung die Philosophie erproben möchten. Ich persönlich fand es besonders
interessant wie eine Praktikerin an die Lebensfragen ihrer Kundschaft herangeht. Das Buch vermittelt also auch etwas
von dem, was so in einer philosophischen Praxis vor sich geht. Natürlich wird aber auf Theorie nicht ganz verzichtet.
So ist eine grundlegende These der Autorin, dass sie einen durchgehenden Determinismus ablehnt und die menschliche
Freiheit betont, auch wenn sie weiß, dass sie auch ihre Grenzen hat. Wir können also an unserem Leben arbeiten, wozu,
wie die Autorin weiß, immer auch etwas Geduld, Ausdauer und Übung gehört. Und wir können auch aus uns einengenden
Situationen die unsere Entfaltung verhindern ausbrechen. Eine weitere wichtige These von Mooslechner-Brüll ist, dass
der Andere uns immer im Grunde fremd bleiben wird, auch bei aller Nähe die entstehen mag. Diese Anerkenntnis, so meint
sie, soll uns nicht in Angst erstarren lassen, sondern der Andere soll uns als Mysterium anspornen und in Erstaunen
versetzten und uns selbst von Zwängen entkrampfen. Das ist aber auch ein Grund den Anderen zu achten und seine Freiheit
zu respektieren. Immer wieder gibt sie auch praktische Tipps. Z.B. empfiehlt sie das tägliche Tagebuchschreiben oder
die Technik, sich einfach mal zu fragen ob nicht gerade das Gegensätzliche von dem Geläufigen für einen passend ist.
Oder das free writing, wo man 5 oder 10 Minuten einfach drauflos schreibt mit der Bedingung, dass der Stift nicht
abgesetzt und keine Denkpause eingelegt wird. Die Ikigai Fragen: Was liebe ich zu tun?, was kann ich gut tun?, was
braucht die Welt?, und kann ich davon leben?, empfiehlt sie etwa sich bei (Berufs-) Entscheidungsprozessen durchzuspielen.
Und so gibt es wirklich für jedes Kapitel praktische Techniken die man ausprobieren kann, um auch mit sich selbst einmal
auf besondere Weise ins Gespräch zu kommen. Ein wichtiger Punkt für die Autorin ist, dass sie als philosophische
Begleiterin möglichst unvoreingenommen auf ihre Kunden eingeht und sich nicht mit vorgefertigten Schablonen aufdrängt.
Wichtig ist ihr ein Dialog auf Augenhöhe. Auch weiß sie, dass jede Lebenssituation eine eigene Lösung bedarf und dass
es die eine Lösung für alle Lebenslagen und alle Menschenalter nicht gibt.
Das Buch war im Vergleich zu meiner üblichen philosophischen Lektüre einmal eine durchaus erfrischende Abwechslung. Allerdings: Auch wenn die Zielgruppe eher nicht die Fachphilosophen als vielmehr ein breiteres Publikum ist, das mit Lebensfragen ringt, ist es nicht ganz leicht zu lesen, wie ich finde. Also muss man schon etwas konzentriert bei der Sache sein. Und das ist eine Hürde die viele willige Leser womöglich reißen werden, anstatt darüber zu kommen. Ich jedenfalls habe das Buch gerne gelesen. |