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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Hubertus Niedermaier, Wozu Demokratie? Politische Philosophie im Spiegel ihrer Zeit, Konstanz und München 2017

Das Buch ist eine kleine Geschichte der politischen Philosophie. Gestartet wird mit einem Kapitel, in dem auf die Frage eingegangen wird wozu überhaupt politische Philosophie betrieben werden sollte. Dann geht es los in 18 weiteren Kapiteln in denen Philosophen und ihre politische Theorien vorgestellt werden, beginnend mit Sokrates über Thomas von Aquin, Locke und Kant bis in die nahe Gegenwart zu Beck und Meyer. Dabei werden aber natürlich nicht nur demokratische Ideen vorgestellt, sondern auch antidemokratische Konzepte wie eben etwa die von Thomas, aber auch von Bodin, Marx oder Lenin und anderen. Allerdings werden immer bei jeder philosophischen Richtung Bezüge zur Demokratie hergestellt, etwa was man für sie daraus für Lehren ziehen kann oder welchen Einfluss nichtsdestotrotz das vorgestellte System auf unsere heutige Verfassung hat. In einem letzten Kapitel äußert sich der Autor dann zur aktuellen Situation der Demokratie, nennt Defizite und Chancen.

Das Besondere an dem Buch ist, dass der historische Kontext, indem das philosophische Konzept entstanden ist, doch recht ausführlich dargestellt wird. So werden die Thesen dann etwa auch vor dem jeweiligen soziologischen Kontext her verständlich. Der Nachteil dieses Konzeptes ist in diesem Fall aber, dass das Buch nicht mehr genügend Platz bietet um die jeweilige politische Philosophie tiefer gehend darzustellen. In dieser Hinsicht die Darstellung des Buches als oberflächlich zu bezeichnen ist schon fast ein wenig geschmeichelt. Es reicht meiner Meinung nach wirklich nur für einen ganz groben Einblick. Wer der Sache wirklich auf den Grund gehen möchte braucht dafür ganz einfach andere Bücher.

Trotz dieses Informationsfiaskos, der das Buch als universitäres Lehrbuch für politische Philosophie daher meiner Meinung nach wenig geeignet macht, unterhält es und hat mich hervorragend bei der Stange gehalten. Ich habe jetzt auf eher lockere Weise von einigen Dingen schon mal wenigstens irgendetwas gehört und wurde mit interessanten historisch-soziologischen Fakten bekannt gemacht, passend zum jeweiligen historischen Kontext, die durchaus erstaunen können. Der milliardenschweren Bill und Melinda Gates Foundation – ja von diesem Microsoft Gründer ist die Rede – bescheinigt der Autor etwa, dass sie weniger eine wohltätige Einrichtung als vielmehr ein Konzept darstellt, mit der man Steuerzahlungen vermeidet – und das in Milliardenhöhe Jahr für Jahr. Dabei wird ohne demokratischer Beteiligung Geld unversteuert am Gemeinwesen in selbstbestimmte Kanäle weitergeleitet. Profitieren tun nach Meinung des Autors bestimmte Konzerne wie etwa Monsanto, ohne dass sich letztlich die Lage in den Entwicklungsländern wirklich dadurch verbessert.

Das Phänomen China bleibt im Buch ausgespart.

Jürgen Czogalla, 05.11.2017