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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Annemarie Pieper, Denkanstösse zu unseren Sinnfragen, 2021 Basel

Sammlung von 12 Aufsätzen von Pieper, jeweils den Kapitelüberschriften Selbstbestimmung, Genderprobleme, Endlichkeit, Sozialtauglichkeit, Aufklärung und Zukunftsvisionen zugeordnet.

Die Aufsätze sind gut verständlich, aber für mich zu wenigstens nicht so super interessant. Für meine persönliche Lebensführung bieten sie mir einfach zu wenig Anregungen und Hilfen. In einem Aufsatz, der mich etwas mehr ansprach, „Vorurteile“, macht sie das Erkenntnisvermögen an den Körperregionen Kopf, Herz, Bauch und Hand fest, wobei der Kopf als der Sitz des Verstandes und der Vernunft gilt und hier Vorurteile durch Überbewertung des Rationalen generiert werden. Die Vorurteile des Herzens entstehen für sie durch überschießende Emotionalität, die ins Irrationale abdriften, die Vorurteile im Bauch entstehen durch überproportionale Gewichtung der Affekte (Entscheidungen aus dem Bauch heraus) und die Vorurteile der Hand entstehen durch Machbarkeitswahn. Vorurteile lassen sich für sie daher nur dann verhindern, wenn man auf alle vier Stimmen hört und sich ein ganzheitliches Bild des betreffenden Sachverhaltes macht. Am Ende kann es dann sein, dass eine Stimme mehr Gewicht bei einer Bewertung erhält, aber das muss sozusagen durch alle vier Stimmen hindurch verhandelt werden. Pieper hat also ein ziemlich ganzheitliches Bild der Vernunft, d.h. eine wirklich vernünftige Entscheidung trifft nicht der Kopf alleine, das wäre zu kurz gegriffen, sondern sozusagen die größere Vernunft aller vier Stimmen im Diskurs. Das ist für ihr Denken sicher ein wichtiger Punkt und man kann ihn für die eigene Lebensführung sicher mit Gewinn beachten. Weitere Themen sind etwa Lebenskunst, Kunst des Führens, Schwäche, Verantwortung, Solidarität und Träume von einer gerechten Welt. Manchmal spricht sie auch theologische Themen an, beweist dann aber meinem Empfinden nach dann oft kein besonders adäquates Verständnis. Das Buch sagt nichts wirklich Falsches, aber es bietet mir keinen neuen weiten Raum, an dem ich wirklich Spaß hätte weitere Erkundungen zu unternehmen. Vielleicht ist es eher ein Buch für philosophische Einsteiger, schon aufgrund seiner moderaten Zugänglichkeit.

Jürgen Czogalla, 27.02.2021

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