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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Annemarie Pieper, Utopien und gerechte Welt

Utopien für eine friedlich miteinander verkehrender Weltgesellschaft zu entwickeln hält Pieper für eine bleibende Aufgabe von Politik und Ethik. Utopisch kann man außerdem ihrer Meinung nach den Menschen als Lebenskünstler betrachten. Beteiligt am utopischen Projekt sind sämtliche menschliche Erkenntniskräfte: sinnliche Wahrnehmung, Verstand, Vernunft und Phantasie sind bestrebt, dem Wahren, Guten und Schönen in einem Gedankengebilde Geltung zu verschaffen, das es verdient in die Wirklichkeit überführt zu werden. Pieper vergleicht es mit der Herstellung eines Kunstwerkes. Wie der Bildhauer einen Steinblock bearbeitet, so gestalten wir unser Leben. Dabei fangen wir nicht bei Null an, sondern am Grundmaterial. Bei der Gestaltung müssen wir unsere individuellen Besonderheiten, die auch Resultat unsere Erlebnisse sind, beachten. Das Kunstwerk Individuum ist work in progess bis zum Tod. Lebenskunst gedeiht nach Pieper nur in einem kulturellen Rahmen. Ohne Kreativität, Einbildungskraft und Phantasie wäre unser Leben fad und es entstünde kein ästhetischer Überschuss, der die Sinne anspricht und zu einer guten Gestaltung der Welt unabdingbar ist. Dadurch wird auch immer wieder eine rein ökonomistische Monokultur aufgebrochen und uns werden immer wieder, wie in einem Spiegel, unsere eigenen eingefahren-verfahrenen Einstellungen in kulturellen Bildern gegenübergestellt.

Jürgen Czogalla, 27.02.2021