Philosophisch-ethische Rezensionen
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Julian Nida-Rümelin, Die Optimierungsfalle. Philosophie einer humanen Ökonomie, München 2011Im ersten Teil seines Buches ("Ökonomische Rationalität") räumt Nida-Rümelin mit einem weit verbreiteten Vorurteil auf, nämlich dass eine ertragreiche Ökonomie lediglich nach möglichst vielen Subjekten verlangt, die aus den angebotenen Gütern für sich diejenigen aussuchen, die ihnen den größten Nutzen bringen und die ihre Entscheidungen danach ausrichten, dass die zu erwartenden Folgen günstiger sind als bei jeder anderen Entscheidung. Er stellt fest, dass es etwas anderes ist, was die ökonomische Praxis erst möglich macht, etwas anderes als diese ökonomische Praxis selbst: Die verlässliche Kommunikation. Ökonomischer Erfolg verlange, so der Autor, nach einer Praxis, die gerade nicht nur auf ökonomische Optimierung hin ausgerichtet ist, denn wer immer nur die ökonomische Optimierung des Eigeninteresses im Blick hat hält bestimmte Regeln nicht ein, die eine verlässliche Kommunikation erst ermöglichen. Das führt nicht nur zur Vereinsamung (Nida-Rümelin gibt als Beispiel den ratsuchenden Freund, der von uns nur Antworten bekommen würde die in unserem Eigeninteresse liegen, was die Freundschaft ziemlich bald beenden würde), sondern letztlich dazu, dass uns niemand mehr etwas "abkauft". Eine Ökonomisierung der Gesellschaft zerstöre darum gerade die Grundlage einer guten, gesunden Ökonomie. Wahrhaftigkeit und Vertrauen und Verlässlichkeit sind für Nida-Rümelin Bedingungen einer guten Kommunikation. Im 2. Teil ("Ethik") seines Buches bespricht er dann die Tugenden für Leute, die erfolgreich wirtschaftlich Handeln wollen: Verlässlichkeit, Urteilskraft, Entscheidungsstärke, Besonnenheit, Autarkie und Empathie, Loyalität und Respekt, Gerechtigkeit und Charakter, Achtsamkeit und persönliche Integrität. Das Buch schließt mit einem 3. Teil "Praktische Vernunft": Hier geht es dann um solche Themen, wie sich Gründe und Präferenzen zueinander verhalten, Freiheit und Gleichheit, Gerechtigkeit und Effizienz, Nachhaltigkeit und Ökologie und die Rolle des Staates und der Zivilgesellschaft. Der Untertitel des Buches ist treffend: Tatsächlich, das ist wirklich eine "Philosophie einer humanen Ökonomie"! Ich fand das Buch spannend, überwiegend gut verständlich (auf solche Diagramme wie z.B. eine Kreuztabelle sollte man aber schon gefasst sein) und niveauvoll. Wenn Sie sich für Wege einer humanen Ökonomie öffnen wollen, dann lesen Sie dieses Buch, Sie werden nicht enttäuscht sein. Was mir negativ aufgestoßen ist: Englischsprachige Zitate werden vom Autor so gut wie nie übersetzt (ich rede hier vor allem von den Zitaten die in den Kapitelüberschriften stehen). Ich möchte aber gerade auch in einem deutschen Buch auch alles auf Deutsch lesen können (die Zitate halten sich aber in Grenzen, Sie werden das Buch trotzdem verstehen, auch wenn Sie mit Englisch Probleme haben. Trotzdem ärgerlich, wie ich meine). Jürgen Czogalla, 03.10.2011
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