Philosophisch-ethische Rezensionen
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Kieran Setiya, Das Leben ist hart, München 2023Die Mühsal des Lebens, so Kieran Setiya, ist allgegenwärtig in
seinem Leben und den Menschen, die er liebt, sei es etwa durch Trauerfälle, Krebs oder Schmerzen (der Autor
leidet unter chronischen Schmerzen). Er selbst ist Professor für Philosophie und schreibt, dass er sich nach
einer Philosophie sehnt, die dem Leben nahe ist. Nach einer Philosophie, die vom eigenen Leben spricht, auch
wenn sie sich gleichzeitig auf philosophische Theorien und Unterscheidungen stützt und die die Trennlinie
zwischen persönlicher Erfahrung und der Philosophie als Disziplin verwischt und ein praktisches Werkzeug für
die Auseinandersetzungen mit den Widrigkeiten des Lebens ist. Und das versucht er dann auch mit seinem Buch.
An der Erkenntnis, dass das Leben hart ist führt für ihn kein Weg vorbei. Und es gibt kein Heilmittel für das
menschliche Leid. Aber trotzdem ist er überzeugt, dass Moralphilosophie hier helfen kann. Dabei umfasst für ihn
Moralphilosophie alles, was im Leben Bedeutung hat: Was gut ist, welche Bestrebungen wir verfolgen sollten,
welche Tugenden wir uns aneignen sollten, wie wir unser Leben führen sollten. Dabei meint Setiya, dass wir uns
nicht vom Leid abwenden sollten, und dass das beste Leben oft unerreichbar ist, sodass das Streben nach einem
solchen besten Leben vielmehr dazu geeignet ist, uns ins Unglück zu stürzen. Vielmehr sollten wir uns unsere
Notlage bewusst machen. So eröffnet er nicht nur eine Diskussion über unsere Widrigkeiten, sondern will
Hilfestellungen und Ratschläge geben, wie wir mit ihnen umgehen können. Denn seiner Meinung nach eröffnet die
Auseinandersetzung mit unseren Nöten, den mangelhaften Bedingungen unseres Menschseins, Wege, ihre schädlichen
Auswirkungen abzumildern und kann helfen, ein sinnvolleres Leben zu führen. Er gibt aber keine einfachen
Lösungen, sondern liefert eine geduldige Arbeit der Tröstung. Ziel ist die Widrigkeiten des Lebens zu bewältigen
und dabei doch genügend wünschenswerte Aktivitäten zu finden. Er will uns also die Bürde des menschlichen Leidens
erleichtern. Mit dieser Richtschnur führt er die Leser durch die Kapitel seines Buches: Gebrechen, Einsamkeit,
Trauer, Scheitern, Ungerechtigkeit,
Absurdität und Hoffnung. Der Autor liefert mit seinem preisgekrönten Buch zugängliche Kost, aber mit gehörigem Tiefgang. Dabei führt er aus, was er sich vorgenommen hat: Er nimmt sein eigenes Leben mit ins Buch und wiederholt nicht nur dumpf, was andere Philosophen schon gesagt haben oder verfängt sich in einer uneigentlichen Zitaten- und Rezeptionsflut. Zum Leiden hat er sich viele selbstständige Gedanken gemacht, die er mit dem Leser teilt und wir können an seiner Gedankenarbeit gut Anteil nehmen. Das Ganze hat mich nicht immer wirklich überzeugt, aber es ist ein beeindruckendes persönliches Zeugnis von großer Intimität, Bescheidenheit und Freundschaftlichkeit, das mich zum Nachdenken gebracht und mich auch getröstet hat. Jürgen Czogalla, 05.01.2025 |