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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Holm Tetens, Gott denken. Versuch einer rationalen Theologie, Stuttgart 2015

Der Autor entwickelt einen theistischen Idealismus im Gegensatz und Auseinandersetzung zu einem materialistischen Naturalismus. Dabei ist seine Kernthese, dass es Gott als unendliches vernünftiges Ich-Subjekt gibt, welches uns Menschen als vernunftbegabte und endliche Ich-Subjekte geschaffen hat. Dagegen ist die Kernthese des Naturalismus, dass die eigentliche Wirklichkeit einzig die Welt materieller Dinge und Ereignisse ist, wie sie uns die Naturwissenschaften aufzeigen. Der Mensch als geistiges Subjekt ist nichts anderes als ein Stück kompliziert organisierter Materie.

Tetens begründet nicht nur seine These, sondern setzt sie ins Verhältnis zum Naturalismus und zeigt den aus seiner Sicht bestehenden Vorteil der theistischen These auf: Er selbst lehnt dabei als rationaler Theist Wunder ab, akzeptiert die Ergebnisse der Wissenschaften und die Standards vernünftiger Argumentation. Darum ist die theistische Rahmenannahme seiner Meinung nach in diesen Punkten genau so stark wie die naturalistische. Der Naturalismus bietet aber keine überzeugende Erklärung dafür, warum in einer rein materiellen Welt erlebnisfähige und selbstreflexive Ich-Subjekte auftauchen. Das erklärt aber für ihn die theistische Rahmenannahme sehr gut und bleibt dabei dennoch im Einklang mit empirischen Belegen. Darum ist für ihn diese These denn auch vorzuziehen. In einem weiteren Kapitel geht er dann auf das Thema Erlösung des Menschen (von Leid und Unrecht) ein und findet auch hier, dass die theistische Rahmenannahme weit bessere Erklärungen bietet als die naturalistische.

Der Autor argumentiert rein mit der Vernunft, zwar kommen ab und an mal ein paar unterstützende Bibelzitate hinzu, diese sind aber nur unterstützend-verdeutlichend, nicht aber die Basis des Gedankenganges.

Das kleine Büchlein liest sich gut und es vertritt tapfer eine fast schon etwas unzeitgemäße These in unseren Breitengraden und in seinem Nachwort betont der Autor auch selbst, dass er darum öfter mal daran gedacht hat, die Arbeit für dieses Buch hinzuschmeißen. Von mir gibt es ein dickes Lob für das Buch, das deutlich machen kann, dass der Theismus nicht einfach unvernünftiger Quatsch ist, sondern dass für ihn auch heute noch nach modernen Maßstäben einiges spricht. Natürlich, und das sagt auch der Autor, ist das letztlich genauso wenig stringent, d.h. zwingend überzeugend wie der Naturalismus, aber es zeigt dann doch wenigstens auf, dass es nicht abwegig ist an Gott zu glauben. Dafür sprechen wirklich gute Vernunftargumente. Allerdings, und das sagt das Buch nicht, kann der Naturalismus auch immer noch darauf verweisen, dass mit Gott eine Variable eingeführt wird, die sehr geheimnisvoll ist und darum nicht wirklich erklärt. Das Denken kommt sozusagen in ihr zur Ruhe, während es beim Naturalismus ins Nichts hinein taumelt.

Zwar hätte der Autor meiner Meinung nach einiges noch näher erläutern können, dafür ist das Buch aber recht schön kurz und knackig.

Jürgen Czogalla, 18.11.2018

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