Philosophisch-ethische Rezensionen
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Barbara Bleisch über Reue und Bedauern in der Mitte des LebensWenn wir in der Mitte des Lebens sind und über unsere eingeschlagenen
Wege zu grübeln beginnen, so Bleisch, ist es hilfreich zu differenzieren ob wir Grund haben, zu bereuen und uns Vorwürfe
zu machen, weil wir falsch entschieden haben, oder aber ob sich Bedauern einstellt, weil es einfach unmöglich ist, alle
reizvollen Optionen, die sich bieten, auch zu verwirklichen. Es ist einfach nur schade, dass wir nicht allen Träumen und
Plänen gerecht werden können. Und ohne solches Bedauern, so Bleisch, wäre unsere Existenz doch eher eindimensional. Denn,
so meint sie, unser Leben ist gerade deswegen interessant und reich, weil wir komplexe Wesen sind, die durch Regungen
und Sehnsüchte oft in unterschiedliche Richtungen gezogen werden, die sich letztlich auch nicht gegeneinander aufrechnen
lassen. Außerdem deutet solches Bedauern für sie auch auf eine Art von Luxusproblem hin: Denn die Qual der Wahl ist letztlich
weitaus weniger quälend, als keinerlei Optionen zu haben. Ein Leben, in dem wir nichts bedauerten, wäre darum auch ein
Leben, in dem wir keinerlei Entscheidungen getroffen hätten.
15.09.2024 |