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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Dagmar Fenner beurteilt den ethischen Diskurs zum Thema genetisches Enhancement

Wegen zu großer Risiken können Eingriffe derzeit nach Meinung von Fenner höchstens von Individuen selbst verantwortet werden, nicht aber für Schutzbefohlene wie etwa Kinder. Kontra-Argumente wie das Leben-als-Geschenk-Argument oder das Verbot Gott zu spielen hält sie für unzulänglich, weil hierdurch keine klaren Grenzen zwischen ethisch erlaubten und nichterlaubten Eingriffen ziehbar sind und nicht religiöse Menschen dadurch nicht überzeugt werden können. Das Kontra-Argument mangelnder biologischer Diversität weist darauf hin, dass durch Gen-Enhancement die Menschen immer ähnlicher würden wodurch das Prinzip der Arbeitsteilung nicht mehr funktionieren würde. Dagegen verweist Fenner darauf, dass der Bedarf an hochqualifizierten Arbeitskräften steigt, während einfache und oft auch eintönige Arbeit immer häufiger von Maschinen erledigt wird. Sie stellt dann klar, dass zur letztlichen Einschätzung vieler Kontra-Argumente einfach zurzeit die nötigen empirischen Daten fehlen. Stünden aber risikofreie Methoden für eine gezielte genetische Optimierung zur Verfügung, reicht die derzeitige Argumentationslage laut Fenner nicht für einen generellen Verbot aus. Wenn Eltern aber etwa bei genetischen Veränderungen von ihren eigenen Wünschen statt vom Wohl des Kindes ausgehen droht die Gefahr einer Menschenzüchtung nach individuellen Vorlieben, was Fenner ablehnt. Für sie ist es darum erforderlich, dass ein öffentlicher, demokratischer Verständigungsprozess angestoßen wird, der intersubjektiv und rational geführt werden sollte und ergründet, was wirkliche menschliche Lebensqualität ausmacht und was zur Erhöhung der Chancen für ein geglücktes Leben beiträgt. Auch braucht es klare internationale ethische Richtlinien. Sie meint, dass wenn nur Verbesserungen der für die praktischen und individuellen Lebensplänen vorteilhaften menschlichen Fähigkeiten als sogenannter Allzweckgüter (z.B. Intelligenz, Gesundheit, Selbstregulierungsfähigkeit) erlaubt wären, dann wäre die Würde der entsprechend genetisch verbesserten Nachkommen schwerlich verletzt.

Jürgen Czogalla, 31.08.2019