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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Die Prinzipien des demokratischen Sozialismus nach Martin Hägglund

Die Prinzipien des demokratischen Sozialismus, so Hägglund, reichen nicht aus, um festzustellen, welche Arten von Staaten und Institutionen wir benötigen. Sie sind jedoch notwendig, weil jede Art von Staat und Institution mit ihnen vereinbar sein muss, um demokratisch zu sein.

1. Wir müssen unseren individuellen und kollektiven Wohlstand anhand der gesellschaftlich verfügbaren freien Zeit messen. Das Ziel besteht dabei nicht in der Glorifizierung proletarischer Arbeit, sondern in ihrer Überwindung. Wir werden nicht mehr im Namen des Profits, sondern im Namen der Vermehrung gesellschaftlich verfügbarer freier Zeit produzieren. Unsere freie Zeit, so Hägglund, ist von gesellschaftlichen und institutionellen Formen abhängig, weil es nicht bloß um die Quantität der freien Zeit betrifft, sondern auch untrennbar um die Qualität. Um das Reich der Notwendigkeit zu verringern, müssen wir gleichzeitig die Quantität der gesellschaftlich notwendigen Arbeitszeit verringern und deren Qualität verbessern. Das Reich der Freiheit wird vergrößert, indem wir die Quantität unserer gesellschaftlich verfügbaren freien Zeit, sowie deren Qualität erhöhen. Um gesellschaftlich notwendige Arbeitszeit zu verringern, bedarf es technologischer Innovationen. Was jeweils zum Reich der Notwendigkeit und dem Reich der Freiheit gehört muss kontinuierlich demokratisch ausgehandelt werden. Das erste Prinzip ist nötig, um eine freie Gesellschaft zu schaffen und zu erhalten.

2. Das kollektive Eigentum an den Produktionsmitteln ist die materielle Voraussetzung der Möglichkeit, gesellschaftlich freie Zeit als Maßstab unseres Wohlstandes anzuerkennen. Darum müssen Produktionsmittel Kollektiveigentum werden. Privateigentum ist noch möglich, in dem Sinne, dass wir es für eigene Zwecke, zur eigenen Lebensführung verwenden und es uns niemand wegnehmen darf. Aber: Eigentum darf keine Ware sein, die gekauft und gewinnbringend verkauft werden kann.

3. Es gilt, was schon Marx gefordert hat: jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen. Ziel des demokratischen Sozialismus ist nicht nur, dass wir unser Leben leben können, indem Bedürfnisse befriedigt werden, sondern dass wir unser Leben auch führen können, indem wir unsere Fähigkeiten kultivieren. Im demokratischen Sozialismus wird niemand gezwungen, sich an gesellschaftlich notwendiger Arbeit zu beteiligen, weil jedem nach seinen Bedürfnissen gegeben wird. Jeder wird aber intrinsisch dazu motiviert werden, sich an gesellschaftlicher Arbeit zu beteiligen, denn er erkennt, dass die Produktion zugunsten des Gemeinwohls und unserer Freiheit der Lebensführung geschieht. Darum ist gesellschaftliche Arbeit wesenhaft frei.

Jürgen Czogalla

20.05.2024