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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Lisa Herzog destruiert den Mythos vom schöpferischen Genie

Den Mythos des Unternehmergenies malt Herzog so: Er setzt alles daran Realität neu werden zu lassen, er bringt das Neue gegen alle Widerstände und Wahrscheinlichkeiten zur Welt. Er bringt die Gesellschaft disruptiv in Bewegung, was kurzfristig weh tut, langfristig aber alles vorantreibt. Für ihre außergewöhnlichen Leistungen sammeln diese Genies zurecht riesige Summen an Geld, sie haben es sich verdient, denn sie haben Außergewönliches geleistet. Kritiker sind eben nur neidisch und vor allem selbst nur mittelmäßig. Disruption wird über Evolution gestellt und nur graduelle Veränderungen als träge verurteilt. Für Genies gelten eben andere Regeln. Abgewertet werden dagegen alle Arbeiten, die mit dem Aufrechterhalten bestehender Abläufe zu tun haben - die aber gerade die Infrastruktur liefern, dass das Genie überhaupt an seinem Projekt tüfteln kann. Abgewertet werden auch alle Tätigkeiten, die mit der Pflege von jungen, alten oder kranken Menschen zu tun haben. Herzog verweist stattdessen darauf, dass menschliches Wissen nicht durch die Einsamkeit isoliert arbeitender Genies entsteht, sondern in sozialen Zusammenhängen. Darum ist es nur allzu berechtigt zu fragen ob neue Erfindungen samt der mit ihnen erzielten Gewinnen nicht viel mehr in die Gesellschaft fließen sollten anstatt auf die Konten von einzelnen Individuen oder Firmen. Denn diese bauen in hohem Maße auf ein gemeinsames Erbe auf. Wer genau hinsieht, der bemerkt, in welch hohem Maße Innovationen auf den Leistungen vieler anderer beruht.

Jürgen Czogalla, 18.03.2019