Philosophisch-ethische Rezensionen
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Dietmar Hübner, Die Rolle von RepräsentationenAls zentrales Problem seiner Theorie der Freiheit bezeichnet es
Hübner, wie es möglich sein soll, dass Gründe als nichtkausale Entitäten, Wirksamkeit hinsichtlich menschlicher Entscheidungen
und Handlungen erlangen können. Hübner meint, das können sie über Repräsentationen erreichen, die ihrerseits kausale Entitäten
sind. Was er aber nicht möchte, ist in einen Perspektiven-Dualismus zurückzufallen und Gründe allein zu Gegenständen eines
bestimmten personalen Blickwinkels oder eines Sprachspiels zu deklarieren. Denn auch wenn man damit am nichtkausalen Charakter
von Gründen festhalten könnte, würde ihre kausale Wirksamkeit rundheraus preisgegeben. Sie wären dann nur noch phänomenale
oder semantische Erscheinungen ohne belastbare ontologische Präsenz. Auch möchte er nicht Gründe schlichtweg mit Ursachen
gleichsetzen, indem man sie etwa als Absichten und Motive, die sich aus Neigungen und Annahmen ergeben, interpretiert
oder als Strömungen und Tendenzen, die in geteilten Sprachpraktiken oder in kommunikativer Verständigungspraxis verankert
sind. Zwar wäre hierdurch jetzt die kausale Wirksamkeit gesichert, ihr nichtkausaler Charakter wäre aber sofort verloren,
weil sie jegliche ontologischen Eigenständigkeit gegenüber dem Mentalen oder dem Kulturellen verloren hätten. Und gewagte
Konstruktionen, wie etwa, dass Gründe zwar selbst keine Wirkungen seien, aber allemal als Ursachen aufträten, oder dass
das Abwägen und Akzeptieren von Gründen zwar kein kausaler Prozess sei, aber durchaus eine kausale Rolle in der Welt spielt,
lehnt er mit Nachdruck ab. Seine Antwort ist, wie er selbst meint, schlicht, kaum spekulativ und enthält seiner Meinung nach
dennoch alles, was man für ein belastbares Verständnis der Willensfreiheit braucht: Gründe sind in der Tat nichtkausale
Entitäten, liegen also definitiv außerhalb des Raumes der Ursachen, können aber in geeigneten Strukturen psychischer,
sozialer und neuronaler Art repräsentiert werden, sodass sie über diese kausalen Strukturen reale Wirksamkeit erlangen
können. Diese Repräsentationen bilden die Gründe in ihrer nichtkausalen Verfasstheit ab, sind dabei aber selbst mentale,
kulturelle, physikalische, biologische, chemische, physiologische Zustände und wirken entsprechend als kausale Ursachen
in der realen Welt. Gründe bestimmen als über ihre Repräsentationen menschliches Entscheiden und Handeln und in eben dieser
Bestimmung besteht nach Hübner die Willensfreiheit.
31.08.2024 |