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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Piepers Entkräftung des Relativismusvorwurfes

Der Vorwurf des Relativismus besagt, dass keine allgemeinen Normen mit verbindlichem Gültigkeitsanspruch gefunden werden können, da es doch offensichtlich sei, dass es eine Vielzahl von unterschiedlichen und sich zum Teil sogar widersprechenden Moralen gäbe, die zudem im Laufe der Zeit auch noch Änderungen unterworfen wären. Nach dieser Kritik bezeichnen Gut und Böse nur Relatives, Ethik als Wissenschaft von Moral zu begründen ist zum Scheitern verurteilt. Nach Pieper nun treffen diese Einwände aber nur das inhaltliche, variable Moment der Moral (z.B. nach dem Prinzip der Polygamie leben) nicht aber das invariable Formmoment der Moral (z.B. nach dem Prinzip zu leben immer unbedingt gut zu handeln), dass in keiner speziellen Moral aufgeht, sondern als Prinzip aller Moralität zu Grunde liegt. Die sich im Laufe der Zeit ändernden moralischen Normen oder die unterschiedlichen moralischen Normen der Kulturen erscheinen so als abweichender Ausdruck eines Freiheitsverständnisses, der sich in gemeinsamen Basisnormen, wie z.B. Gerechtigkeit, Humanität und Gleichheit artikuliert, die sich dann in je konkreten Normen konkretisieren. Alleine faktisches Verhalten könne, so Pieper, in keiner Weise über die normative Gültigkeit einer Regel oder Norm entscheiden. Ethik als Wissenschaft geht nun davon aus, dass Streitigkeiten in Fragen der Moral zwar de facto nicht immer, aber prinzipiell immer entscheidbar sind, nämlich durch Überprüfen der jeweils vertretenen moralischen Grundsätzen am Prinzip der Moralität. Eine Ethik nun, die bloß die Phänomene der Moral untersuchen würde, verlöre sich nun tatsächlich im Relativismus, während eine Ethik, die nur um das Prinzip der Moralität kreisen würde, realitätsfern bliebe und ohne jeden Bezug zu dem tatsächlichen Handeln des Menschen. Darum reflektiert Ethik als Wissenschaft, so Pieper, das Verhältnis von Moral und Moralität in der menschlichen Praxis. Moral und Moralität gehören untrennbar zusammen.

Jürgen Czogalla

05.09.2009