Philosophisch-ethische Rezensionen
|
Sloterdijks konstatierter ethischer Imperativ unserer ZeitDer ethische Imperativ der an uns Heutige ergeht hat nach Sloterdijk schon Nietzsche konstatiert: Er ergeht in Form des Befehls der bedingungslosen Überforderung, womit er sich gegen den pragmatischen Konsens stellt, nach dem man von Jemandem nur fordern kann was er gegenwärtig auch zu leisten vermag. Dagegen steht das Bild Nietzsches vom Menschen, der nur vorankommen kann, wenn er sich am Unmöglichen orientiert, der Mensch als ein Tier von dem zuviel verlangt wird. Die maßvollen Gebote und vernünftigen Vorschriften setzen nach Sloterdijk diese hyperbolische Spannung, die aus einem unerfüllbaren und unausweichlichen Anspruch entspringt, schon immer voraus. Eigentlich Mensch ist der, welcher erfährt, dass er im Grunde weniger geworden ist als er nach seinem Seinkönnen sein sollte. Die einzige Autorität nun, die uns nach Sloterdijk auch heute noch "Du mußt dein Leben ändern!" zurufen darf, ist die globale Krise, nicht die Räte der Religionsgemeinschaften oder die der Weisen; die große Katastrophe als die neue Göttin unseres Jahrhunderts. Sie hat nach Sloterdijk alle wesentlichen Merkmale der bisherigen transzendenten Mächte. Sie ist noch verhüllt, kündigt sich aber schon an, sie übersteigt die humane Fassungskraft, offenbart sich aber nichtsdestotrotz individuellen Intelligenzen, sie beruft Einzelne in ihren Dienst und macht sie zu Propheten. Sie ruft uns sozusagen entgegen:"... Ändere dein Leben! Andernfalls wird früher oder später die vollständige Enthüllung euch demonstrieren, was ihr in der Zeit der Vorzeichen versäumt habt!..." Die Rückkehr des Erhabenen in Form des ethischen Imperatives trifft Sloterdijks Meinung nach die westliche Welt unvorbereitet, denn solche Botschaften werden gerne gewohnheitsmäßig als Schauermärchen von Wichtigtuern eilfertig abgetan.
25.10.2009 |