Philosophisch-ethische Rezensionen
|
Andreas Urs Sommer, 7 Punkte zum besonnenen Umgang mit politischen Fiktionen1. Politische Fiktionen sind so lange nützlich, wie sie den Möglichkeitsspielraum
erweitern, ohne den Möglichkeitsspielraum anderer einzuschränken. Es gilt Horizonte zu eröffnen, ohne die eigenen Perspektiven
jemandem aufzuzwingen
2. Darum darf eine politische Fiktion nie im Singular auftreten. Es bedarf auch anderer politischer Fiktionen und einer unausgesetzten
kritischen Reflexion.
3. Die vielen politischen Fiktionen erfüllen unterschiedliche Bedürfnisse und sind in ihrer Reichweite und Gültigkeit nicht
universell.
4. Die Frage nach der Wahrheit ist für eine politische Fiktion nicht zielführend. Sie sind im politischen Feld schlicht einfach nach
Gegebenheiten mehr oder weniger hilfreich. Oder im außenpolitischen Feld mitunter nur schön und ansprechend.
5. Pluralität der politischen Fiktionen soll zur gegenseitigen Neutralisierung und zur produktiven Geltungseinschränkung führen.
Darin erweist sich die Vorläufigkeit aller politischen Positionsbezüge. Zwischen politischen Fiktionen gibt es Reibungen und
Relativierungen, die dafür sorgen, dass eine politische Fiktion nicht zur Ideologie wird.
6. Politische Fiktionen sind keine allumfassenden Metaerzählungen, sondern lebensmotivierende Erzählungen, die endlich und vorläufig
sind und nichts definitiv festlegen. Die daraus folgenden Entscheidungen sind vorläufig und revidierbar.
7. Das bedeutet, dass politische Fiktionen durch politische Handlungen nicht erreichbar sind, aber einer Verwirklichung nähergebracht
werden können.
|