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Philosophisch-ethische Rezensionen
(Erscheinungsdatum der rezensierten Bücher: 20. und 21. Jahrhundert)

Wilhelm Vossenkuhl zur Integration

Vossenkuhl stellt fest, dass Staatsbürger privat- und bürgerliche Ansprüche haben, die Flüchtlinge und Asylanten nicht haben. Diese, so meint Vossenkuhl, werden allein durch menschenrechtliche Ansprüche geschützt. An der Verteilung einiger Güter wie zum Beispiel Arbeit oder politischen Rechte nehmen sie nicht teil, sondern es wird um sie vor allem gesorgt im gesundheitlichem und finanziellem Bereich. Asylsuchende haben bei uns Schutz mindestens so lange, bis über ihren Asylantrag entschieden ist. Zur sozialen Verunsicherung führt die Unübersichtlichkeit von Regelungen, die ungleiche Verteilung und die Lasten die die Staaten für Asylanten und Flüchtlinge zu tragen haben und natürlich auch die kulturelle Fremdheit der Schutzsuchenden. Mit bloßen prinzipiellen und abstrakten Vorgaben lassen sich nach Vossenkuhl diese Probleme alleine nicht lösen. Ungerecht wäre es für ihn jedenfalls, alle gleich zu behandeln. Es geht darum Ansprüche der Freiheit und Gleichheit mit der Ungleichheit der Ansprüche möglichst konfliktfrei zu verbinden. Staatbürger sind einer anderen Gruppe zu zuordnen als Asylanten und Flüchtlinge, nur so kann man ihnen und ihren unterschiedlichen Ansprüchen überhaupt gerecht werden. Arbeitslose Bürger sollten auch nicht so behandelt werden, als würden sie zu Asylanten oder Flüchtlingen gehören. Das würde politische Teilhabeansprüche verletzen und das Selbstgefühl als Staatsbürger beschädigen. Diejenigen, die politische, soziale, rechtliche und kulturelle Ansprüche genießen müssen dauerhaft so abgesichert sein, dass sie in ihrer Gesellschaft glücklich leben können. Um zu integrieren müssen die Anspruchskonflikte zwischen den Gruppen durch etwa das Erklären des Aufteilungssystems und von Rechten entschärft werden. Das Ziel der Integration erfolgt in Stufen: Steigerung der kulturellen Teilhabe, Schulbildung, Sprachkompetenz, Verständnis für die Gastkultur. Parallelgesellschaften und Ghettobildung sind zu verhindern, damit die Bürger nicht das Vertrauen in ihren Staat verlieren. Soziale Integration kann nur gelingen, wenn alle ihr Pflichten kennen und respektieren, dazu zählt Vossenkuhl etwa auch wechselseitige Rücksichtnahme und Aufrichtigkeit bei der Wahrnehmung eigener Ansprüche. Ansprüche, so meint er, ohne sittliche Selbstansprüche sind egoistisch und ausbeuterisch und verunmöglichen Integration. Das primäre Anliegen des Staates sollte die Integration aller sozialen Gruppen in das Ganze der Gesellschaft sein, damit nicht Desintegration und Spaltung sich vertiefen. Der Gesetzgeber kann dies berücksichtigen, indem überparteiliche, parlamentarische Kommissionen gebildet werden, die erarbeiten, was zu tun ist um allen legitimen Ansprüchen gerecht zu werden, bevor dann eine parlamentarische Entscheidung erfolgt.

Jürgen Czogalla, 17.07.2021